Paradise 48 Die Rückkehr zum „Planet
der Affen“: © Thomas „Orbiter Phoenix“ Kohlschmidt Tim Burtons Variante des Affenplaneten wurde lange
erwartet. Bildgewaltig und visuell beeindruckend würde der neue Film des Regisseurs von Leinwandkrachern wie „Edward mit den Scherenhänden“, „Batman“, „Mars Attacks!“ und „Sleepy Hollow“ schon werden. Ein Händchen für bizarre Landschaften, düstere Symboliken und epische Optik hat Tim Burton unbestreitbar, und das Thema eines Planeten, auf dem die Men-schen wie Tiere gehalten werden, während Affen grausam herrschen, ist in der Tat grotesk und satirisch. Würde es aber gelingen, dass vielschichtige Thema erneut so genial zu erfassen, wie es vor über 30 Jahren geschehen war? Der Klassiker „Planet der Affen“ aus dem Jahre 1968 fußte auf dem gleichnamigen Roman von Pierre Boulles aus dem Jahre 1963 und erzählte in geradezu suggestiv eindringlicher Art und Weise davon, wie der Astronaut Georg Taylor (Charlton Heston) mit ein paar Kollegen nach langem Raumflug auf einem unbekannten Planeten abstürzt. Hier trifft er auf einen Albtraum: Die Gesellschaft auf dem „Planet der Affen“ ist genau anders herum zu der auf der Erde organisiert. Menschen werden gejagt, gefangen, ausgebeutet, zu Experimenten missbraucht, in Zoos gehalten und ausgestopft. Sie haben keine Rechte. Die ihnen das antun sind Affen, sprechende intelligente Affen, die sich in die Hauptgruppen Krieger (Gorillas) und Intellektuelle (Schimpansen) aufteilen. Die Affen haben eine groteske Zivilisation errichtet, die offenbar auf einem düsteren Geheimnis ruht, das in der sogenannten „Verbotenen Zone“ des Planeten versteckt ist. Zu diesem Bereich hat nie-mand Zutritt, und es rankt sich religiöse Angstpropaganda darum. Die oberen Affenherrscher scheinen dort etwas vor ihrem Volk verbergen zu wollen... In der Welt der Affen wird der Glaube vertreten, der
Mensch sei minderwertig und zu nichts nutze, während der Affe
die Krönung der Schöpfung sei! Am Abschluss vom 1968er „Planet der Affen“
findet Taylor in der „Verbotenen Zone“ die schockierende
Wahrheit heraus: Mit dieser politischen Antikriegs- und Tierschutz-Message
traf der Film damals genau in das Zentrum des Zeitgeistes. Es war
die Zeit der Hippies, der Empörung gegen den Vietnamkrieg und
eines neuen optimistischen Aufbruchs in eine gerechtere Welt für
alle. Der neue Film ist nun in den Kinos angelaufen und hat in der Presse sehr zwiespältige Kritiken bekommen. Die einen bejubeln zu recht die Bildgewaltigkeit von Tim Burtons „Planet der Affen“. Die Masken sind großartig, die Kulissen und Schauplätze ein Augenschmaus und wunderschön dramatisch inszeniert (Wie schon im Original drehte man in Teilen des grandiosen Lake Powell-Areaes in Arizona, und nutzte den spektakulären Anblick der Trona Pinnacles, einem kalifornischen Naturwunder von bis zu 50 Meter in die Höhe ragenden Kalziumkarbonitspitzen, als Hintergrund für die letzte Schlacht zwischen Mensch und Affen). Die Tricktechnik ist auf heutigem Stand und kann von daher natürlich sehr viel beeindruckender eingesetzt werden, als es vor über 30 Jahren technisch möglich und bezahlbar gewesen wäre. So sieht man nun tolle Raumflüge, Magnetstürme, Gefechte, Stunts in atemberaubendem Umfang (und mit viel Computerhilfe), die die Leinwand nahezu sprengen! Das ist außerordentlich sehenswert! Auch die Story-Handlung als solches ist gelungen. Tim Burton hat den Anfang und das Ende des Films verändert, den Mittelteil sehr an das 1968er Original angelehnt. Auf diese Weise ist der Film ein Mittelding zwischen Neuverfilmung und neuem Ansatz in andere Richtung. Das ist schon befriedigend, denn wozu bräuchte man ein 1:1 Remake? Schließlich ist es auch sicherlich ein schöner Einfall, bei der Besetzung der Rollen als Hommage an dem „ alten“ Film Charlton Heston eine Nebenrolle als greisen Schimpansen und seiner damaligen Partnerin Nova auch wieder einen Part als Menschensklavin zu geben. Und doch: Die Hauptbefürchtung gegenüber einer Neuverfilmung von „Planet der Affen“ hat sich leider erfüllt, was die andere Hälfte der Kritiker ganz richtig hervorhebt: Die Botschaft des Ganzen ist so weit ab-geflacht, dass sie zu bloßem Getue verkommen ist, zu einer Art Pseudobotschaft, die nur als Basis für Getöse und Unterhaltung dient. Sicherlich wird auch hier die Unterdrückung der Menschen gezeigt, aber die raffinierte Rückkopplung zu dem, wie wir Tiere behandeln, geht weitgehend verloren. Nur in Ansätzen und spärlich ge-streuten Dialogsequenzen wird noch einmal kurz Bezug auf das Leiden von Tieren in unserer Welt genommen. Dann geht es schon wieder weiter, um mit Action, Witz und Tempo zur Befreiung der „armen geknechteten Menschheit“ zu blasen, so wie es die Neuzeit im Kino eben verlangt. Die schleichende, suggestive und konsequente Art und Weise, wie das 68er Original den Menschen den Spiegel vorhält, die Eleganz und Logik der politischen Parabel, ist der Neuverfilmung bei weitem überlegen. 1968 wurde der sogenannte moderne Mensch mit seiner tierischen Vergangenheit konfrontiert. Seine barbarische Grausamkeit fand Niederschlag in seiner Verachtung gegenüber dem Tier, seine Dummheit und Blindheit zeigte sich dann in der Krönung des Ganzen: Er tötete sogar seinesglei-chen mit Atombomben, selbst wenn das Selbstmord war! Taylors Verzweiflung am Ende des Films ist eine Verzweiflung über die Natur des Menschen und der Ausweglosigkeit des zynischen Schicksals. Das hat eine philosophische Dimension, die weit über Effekthascherei von Zeitreise-Paradoxien hinausgeht. Der neue „Planet der Affen“ wartet dagegen
am Ende lediglich mit einem coolen Zeitreise-Gag auf, bei dem jegliche
Zivilisationskritik fehlt. Es ist einfach ein Tricksen mit Zeiten
und Möglichkeiten, ein cleveres weißes Kaninchen, das Tim
Burton zum Schluss der staunenden Menge zeigt. Der neue „Planet der Affen“ passt in die
heutige Zeit.
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Letztes Update dieser Seite am 29.01.2006 |