Paradise 44
AM GRAB DER FANTASIE
von Thomas "Orbiter Phoenix" Kohlschmidt
Gab es jetzt überhaupt noch Hoffnung?
Der Regen prasselte auf das Schlachtfeld herab, das im Halbdunkel
dalag. Wilde Wolken türmten sich am Himmel. Die Kälte griff
unnachgiebig nach mir, obwohl ich mich an den alten rostigen Ofen
kauerte, in dem das letzte Feuer der Welt loderte.
Mein Mantel hing klitschnass an mir herunter, meine Haare mussten
mir wohl wirr vom Kopfe abstehen, und meine Augen waren des Sehens
müde.
So hatte ich mir das Ende der Welt nicht vorgestellt!
Noch vor wenigen Tagen war ich zusammen mit all den anderen durch
die Korridore gestürmt - Strahlenwaffen und Schwerter im Anschlag
- und war in die ´Letzte Bibliothek´ vorgedrungen. Die Sanduhr war
noch nicht abgelaufen gewesen. Sicherlich, das Schreien der Raben
am Himmel und die Muster unserer Orakelknochen hätten uns Warnung
genug sein müssen...
Ich seufzte, und Schmerz zog quer durch meinen Leib.
Auf die Beine zu kommen, das schien mir im Moment ein unmögliches
Unterfangen zu sein. Also blieb ich beim Ofen hocken.
"Nur noch ein paar Atemzüge!" dachte ich.
Es brausten Stürme um Mauern und durch Fensterlöcher. Reif
begann sich auf meine Bartstoppeln zu legen. Wieder musste ich husten.
-
Wo mochten Willi und Peter sein, wo Lancelot und Tarzan? Wahrscheinlich
waren sie längst tot.
Ich hob mühsam den Kopf und spähte durch ein Loch im Mauerwerk
hinaus auf die Ebene. Hier war das Gefecht vor einer Stunde zuende
gegangen. Wenn ich die Augen zusammenkniff, dann glaubte ich die Leiber
meiner gefallenen Freunde gegen das Himmelsdunkel erkennen zu können.
Die Heere des Galactus hatten grausam gewütet. Wir hatten zu
spät erfahren, dass er sich mit Dracula, Dr. Mabuse und Rumpelstilzchen
verbündet hatte, um König Artus vom Thron zu stoßen
und Siegfried zu töten.
Durch allerlei Heimtücke war es der Geliebten von Galactus, dieser
Sue-Ellen, gelungen, den Schlüssel zur ´Letzten Bibliothek´ an
sich zu bringen, bevor Pandora ihn Cassandra geben konnte, oder Commander
Scott mit seinen Alpha-Mutanten zur Stelle war. So war es Galactus
also möglich gewesen, uns in den Hallen der ´Letzten Bibliothek´
zu erwarten. Er hatte die Kinder aus Bullerbü als Geiseln genommen.
Nie werde ich das zerfurchte Gesicht von Captain Ahab vergessen, als
er die Harpune auf das Herz der Elfe Glöckchen richtete. Triumph
hatte ein unheiliges Feuer in die Augen des Wahnsinnigen gezaubert.
"Freunde, denkt nicht an mich! Denkt an die Welt! Sie darf nicht an
Galactus fallen!!!"
Mit diesem wahrlich heroischen Ausruf hatte sich die Elfe direkt auf
die Spitze der Waffe geworfen und war augenblicklich zu Glitzerstaub
zerstoben.
Dann - nach ein paar Herzschlägen, während derer sich die
dunklen Schergen des Galactus und unser Bund der Heldenwesen schweratmend
gegenübergestanden hatten – war der Kampf ausgebrochen.
"Vernichtet die Kreaturen des Lichts!" hatte Galactus geschrien.
So war das gewesen. - Teufel auch! -
Ich hustete und zog mir den nassen Mantel enger um die
Schultern, als würde das irgendeinen Nutzen haben können.
Jetzt, nur wenige Stunden nach den Ereignissen in der ´Letzten Bibliothek´,
hatte das Böse alles Gute ausradiert. Die Heerscharen des Dunklen
- alle Vampire, Geister, Kobolde und bösen Königinnen, die
verrückten Genies und düsteren Zauberer, Lurche, Waldfurien,
Ketzer und Dämonen, und sogar die Drachen und Klabautermänner
- waren über uns Helden hereingebrochen, wie eine Flutwelle aus
der Dichterhölle.
Als Ersten hatte es Superman davon gefegt, danach Mary Poppins.
Ich erinnerte mich nicht mehr genau an die Abfolge der Ereignisse,
die die Schlacht bestimmt hatten - zu grauenhaft waren die Eindrücke
gewesen und zu aufgewühlt mein Gemüt, um all das richtig
zu erinnern - aber es wirbelten, losgelöst aus jedem Zusammenhang,
Szenenfetzen durch meinen Geist und quälten mich.
Winnetou hatte am Boden gelegen, Hans im Glück war aufgespießt
worden, Charly Chaplin hatte bitterlich geweint. Ich erinnerte mich,
dass Tante Polly und die Glücksbärchis in einer Salve gestorben
waren. Captain Kirk war zu spät gekommen, ebenso wie Donald Duck
und Zorro. Sie waren von Dr. Satanas erwischt und in Würmer verwandelt
worden, die dann von einem Zyklopen zertreten wurden.
Zwar hatten es Derrick, Urmel aus dem Eis und die gute Fee versucht,
Dr. Satanas in eine Erdgrube abzudrängen, doch kurz bevor ihr
Plan aufgehen konnte, war der böse Ming erschienen und hatte
sie allesamt vaporisiert. Noch immer hörte ich sein schäbiges
Lachen... -
Ich seufzte abermals und schüttelte die Bilder
vom Tod all meiner Freunde mühsam ab. Nun hatte ich mich lange
genug ausgeruht. Meine Mission musste zuende gebracht werden. Dabei
durfte ich auch weiterhin keine Hoffnung haben! Hoffnung konnte von
Galactus aufgespürt werden. Er hatte ein Gefühl für
Hoffnung und er hasste sie. Also konzentrierte ich mich weiter darauf,
nicht an den Erfolg meines Unternehmens zu glauben.
In der Brusttasche meines Mantels steckte der Gegenstand, den ich
aus den Wirren des Massakers hatte retten können. Ihn musste
ich nun zurückbringen, zurück in die Trümmer der ´Letzten
Bibliothek´. Hier galt es, das richtige Buch zu finden (hoffentlich
war es noch nicht verbrannt!). Notfalls würde ich bei den Sachbüchern
suchen...
Also stand ich auf und humpelte die Mauer entlang zur Türe, die
in den Angeln hing und im Wind quietschte. Ich trat in den Vorgarten
und versank augenblicklich knöcheltief im Schlamm. Der Regen
peitschte mich aus. Nach wenigen Metern war ich vor Kälte taub
bis auf die Knochen. Aber ich musste zurück. Zurück! Und
keine Hoffnung fühlen!
Tarzan war tot! Die Biene Maja war tot! Santa Clause war tot!
So kroch ich durch das verwüstete Land und Schritt für Schritt
den Hang hinauf, auf dessen höchster Stelle die Ruine der ´Letzten
Bibliothek` wie eine Klaue aus Mauerwerk in den Himmel zu greifen
schien, so als wolle sie sich dort wütend festklammern und ihr
Versinken in Dreck und Elend verhindern.
Nur keine Hoffnung fühlen!
Ich begann das Böse zu preisen, um es zu täuschen.
"Skeletor, Herr der Dunkelheit, verwüste die Welt!!"
"Captain Hook, Teufel der Meere, zerstöre Nimmerland!"
Ich rutschte aus und schlug hin. Der Schlamm lief mir nun von den
Haaren in den Kragen. Als ich aufstand und weiterkroch knisterten
Blitze am Himmel.
Endlich erreichte ich den Steinweg, der um das ehemalige Gebäude
herumführte. Nun konnte ich schneller vorankommen. Eine Windböe
fegte mich in das Dornengestrüpp zu meiner Linken. Verflucht,
tat das weh! Ich durfte den Stab nicht verlieren!
"Shabazza, Bringer des Chaos, vernichte Thoregon!"
Da sah ich den Eingang der Ruine. Das Tor war zwar zu Holzplanken
zerschlagen, aber rechts und links standen immer noch die Steinsäulen.
Auch das Dach des gewaltigen Baus schien noch weitgehend unversehrt
zu sein.
Ich lachte hysterisch auf und tastete instinktiv nach meiner Brusttasche.
Dann erschrak ich: Ich hatte für eine Sekunde die Kontrolle verloren!
Das mochte dem Bösen reichen.
"Galactus, Zerstörer der Fantasie, banne die Hoffnung!" schrie
ich verzweifelt, so als könne ich meinen Fehler ungeschehen machen,
aber da teilte sich schon der Himmel und ein tiefroter Blitz fuhr
neben mir in den Boden.
Ein Stromstoß schien mich zu packen, und trotz meiner Müdigkeit
und Schmerzen lief ich in das Gebäude hinein. Da ich die Hoffnung
nun nicht mehr verbergen musste, konnte ich ihr völlig nachgeben,
und sie trug mich wie eine warme Welle durch die Nacht dieser Welt,
die Galactus mit seinen Heeren geschaffen hatte.
Wo war der Saal mit den richtigen Geschichten? Ich brauchte
einen besonderen Mythos, in dem auch Wahrheit steckte. Vorbei an den
Leichen von Winnie Pooh und seinen Freunden hastete ich den Hauptgang
hinunter ins Zentrum des Kulturhauses. Ich ließ die Video-Ecke
hinter mir und erreichte die belletristische Abteilung. Es gab einen
Knall, und es roch augenblicklich nach Schwefel und saurer Sahne!
Vor mir schälte sich ein Hüne aus rotem Feuer. Er hatte
mächtige Schultern, einen Körper mit Beinen, wie Säulen
so dick, und er trug eine Rüstung zu einem Helm, der sein Gesicht
halb verdeckte:
Galactus!
"Ahhhhh!!!" schrie das Überwesen und sah mich durchdringend an!
"Ein Wurm ist übrig geblieben! Ein Träger von ´Hoffnung´,
der klebrigen Pest!"
Mir blieben nur Sekunden! Ich schlug einen Haken, hielt dabei das
Zepter fest an meine Brust gepresst, und verschwand zwischen zwei
sich hoch auftürmenden Regalen voller Bücher.
"Bleib´stehen!" dröhnte Galactus.
Ich aber war ganz auf die vorbeiwehenden Buchrücken konzentriert:
Hier irgendwo musste es doch sein...
Da schlug ein weiterer Blitz ein, dessen Wucht eines der Regale beiseite
fegte. Ein Regen aus Büchern ging hernieder und begrub mich.
Es mussten Dutzende von Kilos sein, die mich niederdrückten und
mir fast die Rippen brachen. Ich versuchte gleichzeitig das Zepter
und meinen Kopf zu schützen, und für Sekunden war ich orientierungslos.
Dann sah ich auf und begriff, dass ich noch lebte. Ich robbte aus
dem Bücherwust hervor und musste unvermutet auflachen: Direkt
vor mit lag ein dickes Buch, und ein Blick genügte mir um zu
wissen, dass es das Gesuchte war. Galactus hatte mir, ohne es zu wissen,
geholfen. Als ich gerade meine Hand danach ausstrecken wollte, fiel
sein Schatten auf mich.
"Da bist du ja, lächerliche Kreatur!" witzelte
der Herrscher über die Welt. Galactus verzog sein Gesicht, und
seine Augen schienen wie glühende Kohlen aus der Schwärze
des Helms hervortreten zu wollen. Er verschränkte die Arme vor
der gepanzerten Brust.
"Was suchst du hier? Warum bist du nicht geflohen und hast dich versteckt?
Warum hast du immer noch diese...ekelhafte...Hoffnung mich besiegen
zu können? Ich habe alle Helden getötet! Wer soll mich jetzt
noch bezwingen? Superman ist tot, Rhodan ist tot, ich habe die gute
Fee zerschmettert und selbst Sailor Moon verbrannt!"
Beim Namen ´Sailor Moon´ zuckte ich zusammen. Das hatte Galactus gesehen.
Ungläubig starrte er zu mir herunter.
Nun ging es um Sekunden! Ich warf mich nach vorne, zog gleichzeitig
das Zepter hervor und packte mit der freien Hand das Buch vor mir.
Ich schlug es irgendwo auf und hob die andere Hand hoch über
mich in die Luft!
"Sailor Moons Mondzepter!" rief das Monstrum. "Du hast das Zepter
der Mondprinzessin!"
"Macht des Mondes!" schrie ich in die Nacht, "Erwecke das Gute und
Reine!"
Und ehe der erzböse Galactus auch nur einen Blitz schleudern
konnte, löste sich aus dem Zepter ein Schmetterling aus purem
Licht und fuhr jauchzend in das Buch, das ich hielt. Eine Kaskade
aus Gold und Silber sprühte aus seinen Seiten hervor, die augenblicklich
Wärme verströmte und Vanille-Duft. Glöcklein erklangen
und helle Stimmchen schienen zu jauchzen. Und dann schälte sich
eine Frauengestalt aus dem Licht, bezaubernd und wunderlieb: Es war
Sissi, die österreichische Kaiserin!
"Na sowas!" sagte sie, "Eben war ich noch beim Franzl,
und nun bin ich hier. Was ist das für eine seltsame G´schicht?"
"Sissi!" rief ich entzückt. "Sie sind es wirklich, Majestät!
Dann hat die Welt noch Hoffnung, und das zu Recht!"
"Aber freilich!" lachte die junge Kaiserin, die schon so manches Schicksalsjahr
erfolgreich überwunden hatte. "Man soll immer hoffen, sagt der
Papa! Was gibt´s denn für Sorgen hier? Ist´s mal wieder der Vertrag
mit Ungarn?"
"Schlimmer!" gestand ich ungern.
"Schlimmer?" wiederholte die Kaiserin und klimperte süß
mit den Wimperln. "Es wird doch nicht die Monarchie in Gefahr sein?
Nein, bitt´schön, nur das nicht!"
"Sissi!", sagte ich schnell. "Ich darf doch ´Sissi´ zu Majestät
sagen..?"
"Aber freilich!" kicherte die junge Kaiserin von Österreich,
während Galactus langsam wieder zu sich kam, und Anstalten machte
sich zu räuspern.
"Sissi, die Fantasie ist in Gefahr! Der große Kerl da...", ich
wies auf den dunklen Krieger, "der will die Macht an sich reißen
und hat alle guten Helden getötet! Sie müssen uns helfen,
Sissi! Nur Sie sind übrig. Sie und ich!"
"Und wer sind sie, wenn ich fragen darf?"
"Ich bin ´Der Mann ohne Namen`!"
"Nie gehört...", murmelte sie nachdenklich, aber das war ja auch
kein Wunder.
"Ich bin ein Westernheld!" erklärte ich, und Sissi nickte abwesend.
"So, nun ist Schluss!" dröhnte Galactus dazwischen und verdarb
die zarte Stimmung! "Jetzt rotte ich euch zwei aus und gehe nach Hause!"
Der Mächtige holte zum Blitzschlag aus, da warf ich Sissi Sailor
Moons Zepter hinüber und sie fing es geistesgegenwärtig.
Ich rief: "Majestät! Jetzt ist es an Ihnen. Folgen Sie Ihrem
Herzen, wie immer!"
Sissi, Kaiserin von Österreich und Idol der Massen, hob das Mondzepter
in ihren zarten Händen der Fratze des Monsterkriegers entgegen
und sah ihn unnachgiebig an. Trotzig hatte sie ihr Kinn vorgereckt,
ihre Augen funkelten wütend, aber auch so, als wollte sie jeden
Moment weinen über soviel Bosheit in der Welt, und dann sagte
sie mit klarer Stimme: "Galactus, bitte schau in dein Herz. Ja, genau,
das ist das Ding da links in deiner Brust, was immer so unruhig ist
und voller Sehnsucht!" Galactus sah verdutzt drein und packte sich
tatsächlich an den Panzer.
"Den Schmerz, den kenn´ ich nur zu gut. Aber er darf uns nimmer bös´
machen. Davon wird nix besser in uns´rer Welt. Wir verletzen nur all
die, die uns lieben!"
"Mich liebt keiner!" schnaubte Galactus, Zertrümmerer der Welten.
"Aber nein, nicht doch!" schalt ihn Sissi da und packte Sailor Moons
Zepter noch fester.
"Sowas darfst nicht sagen! Ein bisserl Liebe ist überall. Auch
für dich! Schau, ich lieb´den Papa, den Franzl und die Rehlein
im Wald. Da werd´ ich dich grad mitlieben. Was sagst?"
Galactus sah verwirrt aus.
"Was sagst?" fragte Sissi ungerührt, und ich fiel vor Verzückung
auf die Knie. Nein, war sie nicht hinreißend, die Beste? Und
machte sie Sailor Moons Zepter nicht endgültig zur Göttin?
So sah das auch Galactus: Er sank zu Boden, wie ich, faltete die Hände
und weinte plötzlich.
"Verzeih mir meine Schlechtigkeit!" jammerte er unvermutet, und ich
hielt das noch für einen Trick, aber Sissi lächelte jetzt
erleichtert, trat zu ihm, löste ihm den Helm und küsste
ihn auf das zerfurchte Gesicht.
Galactus schluckte, verharrte für Sekunden in seiner grotesken
Pose - umarmt von der leuchtenden Frauengestalt, die wie eine Sonne
Leben verströmte - und begann dann einen langen Seufzer auszustoßen.
Von Sekunde zu Sekunde wurde er kleiner, sackte regelrecht in sich
zusammen und endete als winziges Getier in Sissis Hand. Er war zu
einem Schmetterling geworden und erhob sich auf zarten Schwingen,
um nun über das Land zu gaukeln.
Schon hörte ich das Trappeln kleiner Füße. Dann lief
mir der Pooh-Bär lachend entgegen, zusammen mit Ferkel und Mickey
Maus. Als nächstes schritten Oliver Twist, Tom Sawyer und Spiderman
um die Ecke, gefolgt vom Sandmännchen, Arielle, Richard Löwenherz,
Robin Hood, Doktor Dolittle und Xena. Erleichtert kam ich auf die
Füße, die schon nicht mehr schmerzten. Und während
Sissi noch immer dastand und das Mondzepter hielt, stürmten all
die Helden herbei, die schon fast verloren geglaubt worden waren.
Ich sah Luke Skywalker und Kapitän Nemo, Momo und Sebastian Bux,
Karlson vom Dach und Pippi Langstrumpf, Kasperle und Seppl, Gulliver,
den Baron Münchhausen und natürlich auch all die anderen,
die geliebt wurden.
Eine schlanke Gestalt trat aus der Menge und auf Sissi
zu. Ich erkannte sie sofort: Es war Bunny Sukino alias Sailor Moon.
Das rehäugige Mädchen nahm der österreichischen Kaiserin
den Zauberstab des Guten ab, und die beiden lächelten sich wie
Schwestern zu. Dann wandte sich Sailor Moon an mich. Mit ihrer glockenklaren
Stimme sagte sie:
"Deine Hoffnung hat uns gerettet, ´Mann ohne Namen´. Dafür danke
ich dir! - Allerdings..."
Sie stockte, und ein Schatten schien in ihren großen Augen aufzusteigen.
"Was ist, Lady?" fragte ich und zog meinen schäbigen Mantel zusammen,
denn ich ahnte, was nun kommen würde. Und es kam...
"Jeder Mensch braucht seinen Traum!", sagte Sailor Moon. "Auch Helden
tun das. Aber dein Traum, ´Mann ohne Namen´, dein Traum gefällt
mir nicht. Du willst Kopfgeld verdienen und zuviel Zigarillos rauchen!
Das ist nicht gut! Denk darüber nach. Sonst muss ich dich irgendwann
doch einmal bestrafen!"
"Nicht doch, Sailor Moon-Baby!", knurrte ich cool, "Ich ziehe meiner
Wege. Tut ihr weiter Gutes, ich glaub an euch. Aber macht mir keine
Vorschriften, okay? Schließlich habe ich gerade die Welt gerettet!"
Sissi kicherte: "Ach, nun streitet´s euch doch nicht! Alles ist wieder
gut. Wollen wir nicht ein bisserl flanieren und ein paar Sahne-Zipferl
naschen geh´n?"
Sailor Moon rollte die Augen.
"Naschen..?"
Aber da war ich schon weg. Hier gab es für mich nichts mehr zu
tun. Also schwang ich mich auf mein wiedergewonnenes schwarzes Pferd,
setzte mir meinen Hut verwegen auf und gab die Zügel. Der Colt
an der Hüfte vermittelte mir nun wieder ein Gefühl der Sicherheit,
und als ich in den Sonnenuntergang ritt - Sissis Bild im Herzen -
da sang ich ein Lied, das ich irgendwo einmal gehört hatte:
"I´am a poor lonesome cowboy, far
away from home!"
ENDE