Paradise # 52
Sieh empor und teil mit mir
die Wunder, die ich gesehn ...
Warum Farscape eine fünfte
Staffel verdient ...
© Christian "Prospero"
Spließ
|
Vor zweieinhalb Jahren, genauer am 08.10.2000, wurde
auf dem "Kuschelsender" Sat1 eine Serie gezeigt, die viele Zuschauer
von der ersten Minute an in ihren Bann gezogen hat.
Farscape lief damals recht erfolgreich beim amerikanischen SCI-FI-Channel
und war für den Sender bahnbrechend. Denn nicht nur, dass die
Serie gleichermaßen von den Kritikern und den Zuschauern geliebt
wurde, sie schaffte es auch, das Image des SCI-FI-Channels von einem
Sender, zu dem "alte Serien zum Sterben hin gingen", Zitat des Produzenten
David Kemper, zu einem risikofreudigen, innovativen und dynamischen
Sender zu wandeln.
Im September des Jahres 2002 nun erreichte die geschockten Fans die
Nachricht, dass es eine fünfte Staffel, die von SCI-FI fest zugesagt
worden war, nicht mehr geben würde. Damit wurde der Handlungsbogen,
von den Autoren bis zur fünften Staffel geplant, brutal abgewürgt.
Da die Meldung relativ kurzfristig bekannt gegeben wurde, gab es keine
Möglichkeiten mehr irgend etwas zu ändern.
Damit endet Farscape vorerst mit der Folge 4.22.
Die Betonung liegt dabei auf vorerst, denn die Fans der Serie haben
eine Kampagne ins Leben gerufen, die der Serie zu einer fünften
Staffel verhelfen soll. Verdient hätte sie es zweifellos.
Es geht um Wurmlöcher
Zu
Beginn der Serie sehen wir den Astronauten John Crichton, der an einem
schönen Morgen den Start eines Shuttles beobachtet. Bald wird
er selbst in seinem selbst gebauten Ein-Mann-Shuttle ins All starten
um dort eine wissenschaftlichen Frage zu beantworten, die John und
sein Freund DK sich seit Jahren stellen:
Ist es möglich, dass ein Raumschiff nur die Gravitation der Erde
nutzen kann, um schneller zu fliegen als die herkömmlichen Raketen
und Shuttles?
Der Testflug, der an diesem Tag stattfindet, soll darüber Klarheit
verschaffen. John wird wie vorgesehen in seinem Shuttle "Farscape-1"
ins All befördert und das Experiment beginnt. Doch dann geschieht
etwas, was keiner vorhergesehen hat:
Vor John öffnet sich ein Wurmloch und saugt ihn und sein Shuttle
in eine ferne Region des uns bekannten Universums.
Johns Pech ist, dass er in eine Auseinandersetzung zwischen
den Peacekeepern, dem militärischen Regime in diesem Abschnitt
des Universums, und einem lebenden Raumschiff, einem Leviathan, gerät.
Jeder Leviathan hat einen Piloten an Bord, der symbiotisch mit dem
Schiff verbunden ist. John rammt bei seiner Ankunft unabsichtlich
das Peacekeeper-Schiff, dessen Pilot der Bruder des Kommandanten Crais
ist.
Was
zur Folge hat, dass Crais schwört, ihn für den Mord an seinem
Bruder zur Strecke zu bringen ...
John wird auf den Leviathan mit Namen Moya verschlagen
und findet sich mitten in den Befreiungsversuchen ehemaliger Peacekeeper-Gefangener
wieder. Zu ihnen gehören der Hynerianer Rygel, die delvianische
Priesterin Zhaan und der luxanische Krieger Ka DArgo. Diese können
verständlicherweise mit Crichton wenig anfangen, betäuben
ihn und stecken ihn in die Zelle zur Peacekeeperin Aeryn Sun. Aeryn
ist beim Aufstand gefangen genommen worden und die erste Begegnung
zwischen John und Aeryn verläuft nun, nicht gerade positiv.
Aeryn hält den Astronauten für einen Peacekeeper, es dauert
etwas, bis John diesen Irrtum aufklären kann. Mittels Übersetzungsmikroben
versteht er allmählich, wo er sich befindet.
Es dauert einige Zeit bis er den anderen Gefangenen klarmachen kann,
dass er kein Peacekeeper ist. Allerdings sind die Aliens nicht willens
ihn frei zulassen und gehen auf einem Planeten ihren Geschäften
nach. John und Aeryn können sich befreien und Aeryn sendet als
pflichtbewusste Peacekeeperin Crais eine Nachricht. Schnell treiben
die Peacekeeper John, die Aliens und Aeryn zusammen und zum ersten
Mal erfährt John, dass er Crais Bruder getötet hat. Als
Aeryn sich in einem schwachen Moment dazu hinreißen lässt,
sich für John einzusetzen, wird sie da sie Feindberührung
hatte und womöglich konterminiert ist vom Peacekeeper-Korps
ausgestoßen. John und den Anderen gelingt die Flucht zurück
nach Moya, da Aeryn keine andere Wahl hat, geht sie mit ihnen. Flugziel:
Die unbekannten Territorien...
Nachdem die erste Staffel überwiegend Einzelfolgen
enthielt, beginnt sich nach und nach ein breit angelegter Story-Arc
zu entfalten, in deren Verlauf nicht nur die Besatzung Moyas durch
neue Charaktere ergänzt wird und lieb gewonnene Figuren den Leviathan
verlassen, nein, sogar Johns Gegner wechselt. Crais wird durch Scorpius
ersetzt, einem Scarraner/Sebacianer-Hybrid, der seine Körpertemperatur
mittels eines Kühlanzugs regulieren muss. Er enthebt Crais seines
Kommandos und ist auf der Jagd nach dem Wissen, das eine ältere
Rasse in Johns Gehirn eingepflanzt hat: Das Wissen über die Wirkungsweise
von Wurmlöchern. Wenn John dieses Wissen selbst entschlüsselt
hat, wird er in der Lage sein, Wurmlöcher als interstellare Straßen
nutzen zu können. Doch damit würde er die Erde in Gefahr
bringen, denn für die Sebacianer bietet diese optimale Lebensbedingungen.
Anstelle
von Scorpius taucht in der vierten Staffel schließlich Grayza
auf, eine Sebacianerin mit dem gewissen Etwas sie sondert wie eine
Bienenkönigin einen Stoff ab, der Männer hoffnungslos verfallen.
Sie übernimmt das Kommando auf der Suche nach John und schiebt
Scorpius ab der zu Beginn der vierten Staffel an Bord von Moya auftaucht
und dort Asyl sucht. Grayza interessiert sich nicht so sehr für
die Wurmlochtechnologie, sie scheint vielmehr daran interessiert mit
den Scarranern, eigentlich Todfeinde der Sebacianer, ein Bündnis
zu schließen etwas, was John auf keinen Fall zulassen kann,
denn die geballte Macht der beiden Rassen zusammen mit seinem Wurmlochwissen
wäre nicht nur für die Erde eine wahrhaft tödliche
Kombination.
Beziehungen im Rettungsboot
Neben dem oben skizzierten Story-Arc geht es bei Farscape
auch um die Beziehungen der Crew-Mitglieder untereinander. Aber
nicht nur dass, die Serie gestattet auch den Charakteren, sich zu
entwickeln. Farscape entwickelt zudem aus der Situation von
Fremden in einem Rettungsboot ein spannendes Beziehungsgeflecht. An
Bord von Moya müssen sich die verschiedenen Persönlichkeiten
und Rassen miteinander auseinander setzen und es dauert eine komplette
Staffel bis das halbwegs erreicht ist. Und selbst danach gibt es Konflikte,
Missverständnisse kurz, all das, was man im normalen Leben
auch vorfindet.
Im Vergleich zum relativ übersichtlichen und geordneten
Universum anderer Serien ist Farscape Rockn Roll. Zum einen,
weil es im Gegensatz zu ST oder Perry keine militärischen
Strukturen gibt, die das Miteinander der Charaktere prägen. Jeder
an Bord von Moya ist für sich selbst verantwortlich. Keiner ist
Befehlempfänger noch Befehlsgeber im militärischen Sinne.
Bei Star-Trek spielt traditionsgemäß der Captain des Raumschiffes
eine große Rolle sei es nun Kirk, Picard, Janeway oder Archer.
Moya braucht keinen Captain zumindest nicht in dem Sinne, den man
traditionell unter diesem Begriff versteht. Sie ist ein lebendiges
Raumschiff mit eigenen Wünschen und Vorlieben. Die Crewmitglieder
setzen zwar den Kurs fest, sagen Moya, wohin die Reise gehen soll,
aber eine ausgeprägte Bordhierarchie wie bei Perry Rhodan gibt
es nicht. Dies führt des öfteren zu lebhaften Diskussionen
unter der Moya-Besatzung, häufig müssen alle Kompromisse
machen. Bei einer starken militärgeprägten Hierarchie, die
man bei den Peacekeepern findet, gibt der Kommandant oder der Captain
die Befehle und die anderen gehorchen.
Zum anderen greifen sowohl Perry Rhodan als auch Star-Trek
und in einem gewissen Sinn natürlich auch Farscape auf
Plots zurück, die dem Zuschauer vertraut sind. Die Prämisse
von Star-Trek, dorthin zu gehen wo nie ein Mensch zu vor gewesen ist,
bleibt zwar gewahrt, aber die Serie greift wie Perry Rhodan auch auf
Plots zurück, die der Zuschauer kennt und erkennt:
Man denke nur an die Besatzungsmitglieder bei der ST-Classic-Serie,
die in einem roten Hemd bei einer Außenmission dabei sind.
Bei Perry gab und gibt es solche Schemata auch, es sei nur an die
ersten Bände der Serie erinnert, an die zahlreichen Außerirdischen
die ins Sol-System eindrangen, es gefährdeten wenn nicht gar
unterjochten und am Ende des Zyklusses geschlagen wurden. Später
bricht dieses Schema bei Perry zunehmen auf, aber der Rückgriff
auf diesen Plot in der aktuellen Handlung das Reich Tradom, das
die Milchstraße bedroht zeigt, dass es einen Wiedererkennungseffekt
beim Leser gibt.
Farscape greift die typischen SF-Themen auf, bringt es allerdings
fertig, diese so zu verarbeiten, dass etwas Neues, etwas Einmaliges
entsteht. Wie oft hat man nicht schon in der SF-Literatur die Klon-Thematik
erforscht und beschrieben demzufolge darf es nicht verwundern, dass
sie auch bei Farscape vorkommt.
Was
bei ST: TNG schnell abgehakt wird man erinnert sich gewiss an Thomas
Riker, den "Bruder" von William Riker, der das Erzeugnis eines Beamunfalls
war und innerhalb von TNG und DSN zwar ein- oder zweimal auftauchte,
aber nach der betreffenden Folge wieder von den Autoren vergessen
wurde entwickelt sich in Farscape weiter.
In der dritten Staffel wird John von einem wahnsinnigem Wissenschaftler
so wie alle anderen Crewmitglieder auch verdoppelt. Der Wissenschaftler
verspeist jeweils die Kopie von Chiana und DArgo, aber John und seinem
"Bruder" gelingt die Flucht. Das heißt, es gibt in der dritten
Staffel zwei Crichtons.
Zwei Originale, die absolut identische Erinnerungen und absolut identische
Verhaltensmuster aufweisen. Wie verhält sich Aeryn einem "geklonten"
John gegenüber? Wie soll man sich einem doppelten Crichton gegenüber
verhalten, zumal es kein Original und keine direkte Kopie gibt und
beide der festen Überzeugung sind, sie seien das Original? Fragen,
die in der dritten Staffel der Serie bis zu letzten Konsequenz durchdacht
und beantwortet werden.
Während sich in traditionelleren SF-Fernsehserien
die Charaktere kaum oder nur geringfügig verändern, vertraut
Farscape auf die Intelligenz und den Verstand des Zuschauers.
Bei Star-Trek und auch bei Perry-Rhodan sind die Charaktere im Grunde
immer noch die, die sie zu Beginn der Serie waren.
Perry hat sich im Laufe der Jahrtausende nicht allzu weit von dem
Menschen entfernt, der damals auf den Mond landete, noch Bull, noch
Homer G. Adams. Gucky, der Mausbiber, war zwar einige Zeit eine Person,
in der zwei Seelen in einer Brust wohnten, aber größere
Spuren scheint diese Zeit nicht hinterlassen zu haben. Einzig Michael
Rhodan hat sich nach seiner Zeit als Torric verändert.
Dies soll jetzt nicht heißen, dass es überhaupt keine Charakterentwicklungen
bei Perry gibt, aber wie ST kann man sich weitestgehenst sicher sein;
am Ende des Romans, der Folge sind sie weitestgehend noch so, wie
sie zu Beginn der Folge waren.
Obwohl die Charaktere durch schwere Zeiten und ihre eigenen persönlichen
Höllen gegangen sind, obwohl Ereignisse stattgefunden haben,
die die Personen im Innersten berührt haben müssen, ist
bei einer neuen Episode zum Start "Alles auf Anfang". Zumindest bei
Deep Space Nine und in der ersten Staffel von Enterprise versucht
das Trekuniversum sich von diesen starren Charakteren zu lösen,
siehe TPol.
In Farscape wird den Charakteren Freiraum gelassen und am Ende
der vierten Staffel ist kaum noch jemand der, der er zu Beginn der
Serie war.
Am deutlichsten zeichnet sich diese Entwicklung bei
John ab, der zu Beginn der Serie versucht, das Gute in Menschen und
Aliens zu sehen, sich permanent weigert, eine Waffe zu tragen und
darauf vertraut, dass man alle Konflikte gütlich und mit sprachlichen
Mitteln beilegen kann.
In der vierten Staffel platzt gerade dieser John mit einer Atombombe
am Gürtel in eine Friedensverhandlung. Wird er radikal gegen
Kopfgeldjäger vorgehen, die Moya kapern und wenn er auch nicht
gerade wahnsinnig genannt werden kann, weicht sein Bewußtseinszustand
doch zeitweise von der Realität ab.
Während
sich John vom Friedensaktivisten zum Soldaten wandelt, passiert bei
der Peacekeeperin Aeryn Sun fast das Gegenteil. Zu Beginn der Serie
kann sich mit Emotionen nicht umgehen. Aeryn ist eine knallharten
Soldatin und durchaus bereit, für ihre Ziele über Leichen
zu gehen. Durch die Nähe von John jedoch entdeckt sie nach und
nach, dass Gefühle an sich nichts Schlechtes sind, ja, sie und
John verlieben sich sogar ineinander. Die Beziehung von John und Aeryn
verläuft keineswegs gradlinig sondern macht Umwege, scheint zwischendurch
sogar überhaupt nicht mehr stattzufinden. Doch Farscape wäre
nicht Farscape wenn das endgültige Sich-Finden der Charaktere
nun der Weisheit letzter Schluss wäre. Wer bei dieser Serie eine
friedliche Idylle und ein Happy-End erwartet, sollte sie sich besser
nicht ansehen.
Die Erforschung des Inner Space
Im Gegensatz zu den klassischen SF-Serien wie Star-Trek
oder Perry Rhodan erforscht Farscape nicht die Weiten des Alls
das ist der Besatzung von Moya teilweise bekannt - sondern steht
in der Tradition der "Inner-Space"-Strömung der späten 60er
Jahre. Es gibt viele Folgen, die nur im Bewußtsein der einzelnen
Charaktere stattfinden. In "Wont get fooled
again" wird John weisgemacht, seine Zeit auf Moya sei nur eine
Erfindung seines Gehirns gewesen. In Wirklichkeit wird er durch einen
Scarranen gescannt, der durch das Schaffen von einer Scheinwirklichkeit
versucht an Johns Wissen heranzukommen.
Eine falsche Erde wird in "A human reaction"
dazu genutzt, um das Verhalten der Erdbewohner auf Aliens zu untersuchen.
"John Quixote" gar versetzt Chiana und
John in eine Spielwelt, in der sie mühsam einen Ausweg in die
Realität suchen müssen. Die Matrix lässt grüßen.
Farscape greift den "Inner Space" zudem sehr
extrem auf als Scorpius nach der Prozedur mit dem Aurora-Stuhl einer
Apparatur, die dem Gefangenen gewaltsam seine Erinnerungen entreißt
John eine mentale Kopie seiner selbst einpflanzt. Mit dieser Kopie
versucht Scorpius natürlich an Johns Wissen heranzukommen, aber
gleichzeitig dient sie John, der als Einziger diese Erscheinung sehen
kann auch als mentaler Spiegel: Die Scorpius-Kopie kann John Wahrheiten
vermitteln, die dieser sonst nie akzeptieren würde. Zudem treibt
sie John im Laufe der zweiten Staffel mehr und mehr in den Wahnsinn.
Zwar kann der Chip letztendlich entfernt werden, aber eine Art mentales
Echo bleibt bei John zurück die Personifizierung seines Unterbewusstseins.
Gewissermaßen ist der "Inner Space" zumindest für ihn "Outer
Space".
Etliche dieser Folgen scheinen für den Handlungsbogen
nicht von Relevanz zu sein, aber der Zuschauer erfährt immer
wieder kleine Details, die sich im Laufe der Staffel noch als wichtig
herausstellen werden. Zudem: Wer wollte nicht immer schon mal wissen,
warum seine Fernsehcharaktere so und nicht anders handeln? Farscape
bietet dem Zuschauer diese Chance und gerade dadurch vermag sie es,
die Zuschauer mit ihnen mit fiebern und mit zittern zu lassen.
Ohne Netz und doppelten Boden
Farscape steckt voller Überraschungen, regt den
Zuschauer zum Mitdenken und Spekulieren an. Im einen Moment wälzt
man sich vor Lachen auf dem Boden, im nächsten bekommt man einen
Schlag in die Magengrube verpasst. Manchmal passiert beides auch gleichzeitig.
Farscape bringt die Helden in bedrohliche Situationen und verzichtet
auf serientypische Lösungen. Hier gibt es keinen jugendlichen
Helden a la Wesley Crusher, der mal eben im letzten Drittel der Folge
auf die Lösung des Problems kommt. Manchmal kommt es vor, dass
sich die Moya-Crew irrt und des öfteren müssen sie Entscheidungen
treffen, die für sie alles andere als angenehm sind.
Eines wird dem Zuschauer recht bald klar gemacht:
Aktionen haben immer Konsequenzen. Immer. Selbst, wenn sie nicht innerhalb
der Folge geschehen. In der ersten Staffel verkauft John ein Teil
seines Wurmlochwissens an eine Mechanikerin namens Furlow, die die
"Farscape-1" repariert. ("Till the blood runs
clear") Dieses Wissen will Furlow in der dritten Staffel den
Scarranern verkaufen, was zum Tod des einen John führt und damit
Aeryns Begegnung mit dem anderen John erschwert.
Farscape überrascht den Zuschauer.
Wer hätte gedacht, dass Scorpius sich einmal an Bord von Moya
befinden würde? Dass Crais sich für Moya aufopfert? Dass
John sogar zur Erde zurückfinden wird? David Kemper ist wie Joss
Whedon, der Erfinder von Buffy, absolut furchtlos. Teilweise sitzt
der Zuschauer mit offenem Mund vor dem Bildschirm und sagt sich, dass
die das doch nicht machen können. Doch, sie können. Und
sie tun es auch.
Sie lassen zu, dass John auf dem Aurora-Stuhl gefoltert wird, dass
er in eine Statue verwandelt wird und mehrfach stirbt. Dass Aeryn
sich gegen ihre eigene Mutter stellen muss, dass Crais zusammen mit
Talyn Scorpius Command Carrier, sein Raumschiff, zerstört. Ja,
eine ganze Folge ist sogar gespickt mit Cartoon-Sequenzen, "Revenging
Angel" aus der dritten Staffel. Und diese sind logisch in die
Folge eingebaut.
Farscape nimmt den Zuschauer mit auf eine rasante Achterbahnfahrt
und man ist nie sicher, ob man nicht doch mitten in der Fahrt die
Schienen verlässt. Gerade das macht einen Teil der Faszination
aus eine Serienfolge, in der man schon in den ersten Minuten ahnen
kann wie sie enden wird ist schlicht und ergreifend langweilig. Langweilig,
dass kann ich als Fan der Serie versichern, wird Farscape nie.
Realismus und der Mensch als Alien
Wenn ich sage, dass Farscape realistisch ist, meine
ich das nicht in dem Sinne wie eine Krankenhausserie realistisch ist.
Aber Farscape beschreibt den Alltag an Bord eines futuristischen lebendigen
Alien-Raumschiffes so gut es möglich ist.
Natürlich ist die Serie SF; daher kann das Leben an Bord von
Moya nicht so sein wie an Bord eines Spaceshuttles, aber die Macher
der Serie versuchen, so dicht wie möglich am normalen Leben zu
bleiben.
Farscape-Charaktere schwitzen, stöhnen, sie gehen
sogar auf Toilette! Sie fluchen und das sehr oft. Damit das nicht
bei den konventionellen Fernsehsendern anstößt, erfinden
die Autoren der Serie sogar neue Ausdrücke, um die Charaktere
fluchen lassen zu können.
Am bekanntesten dürfte das Wort "Frell" sein. Wenn es keine Nahrungsmittel
gibt, hungern sie. Sie sind auf brausend, leidenschaftlich, kurz,
es gibt keinen großen Unterschied zwischen ihnen und uns, den
Zuschauern. Vielleicht können wir deswegen so leicht nachvollziehen,
was die Charaktere bewegt.
Wenn es uns bei den außerirdischen Rassen auch manchmal etwas
schwieriger gemacht wird, was allerdings logisch ist. Außerirdischen
sind uns naturgemäß fremd, wir können nicht erwarten,
dass sie wie wir handeln.
Ein "Fehler", der bei anderen Serien übrigens durchaus üblich
ist...
Neben dem Realismus dreht Farscape zudem die Prämisse
der anderen Serien um:
Nicht die anderen Crewmitglieder sind die Aliens, die Fremden, sondern
John ist es.
"I, E.T." der Titel der zweiten Folge
könnte es nicht treffender ausdrücken.
Der Astronaut John Crichton ist kein überragender Held wie Dylan
Hunt, der Captain des Raumschiffes "Andromeda". John ist auch kein
Draufgänger wie James T. Kirk, noch ein Diplomat wie Picard.
John ist der Durchschnittstyp von Nebenan, der sich auf einmal in
einem anderen Universum zurechtfinden muss. Gerade das macht in der
ersten Staffel den Spaß aus: Unser Held weiß weder, wie
man eine Tür öffnet noch wie man sich die Zähne putzt
geschweige denn, dass Nahrungswürfel alles andere als eine
Delikatesse sind. Wie verhält sich jemand, der mit Star-Wars
und Star-Trek, mit Dr. Who und V aufgewachsen ist an Bord eines Raumschiffes?
Wollten wir das nicht schon längst mal gesehen haben?
Visuelle Gesichtspunkte
Bei einer Fernsehserie spielt die Optik natürlich
eine große Rolle. Das gilt einerseits für die verwendeten
Kulissen und Spezialeffekte, andererseits für die Aliens.
Rygel,
der Hynerianer, ist eindeutig ein Produkt von Jim Hansons Creature
Shop, ebenso wie zahllose andere Aliens. Dies hat Farscape den Ruf
eingebracht, eine Art "Muppets im Weltall" zu sein.
Sicher, man muss sich an das Aussehen der Aliens gewöhnen. Und
ja, nicht jeder wird von ihnen überzeugt sein Insofern hat Farscape
zumindest eines mit Perry Rhodan gemeinsam:
Die Serien-Aliens sind wirklich alien, fremd.
Wie bei Perry gibt es auch bei Farscape teilweise Entlehnungen aus
der Umwelt, die wir alle kennen: Spinnenwesen, Rassen, die entfernt
an Insekten erinnern, Zhaan hat sogar pflanzliche Vorfahren.
Natürlich kann man einwenden, dass die Hauptrassen, die Scarraner
und die Sebacianer sowie etliche andere Rassen auch im Grunde nur
Menschen in einem anderen Gewand sind.
Was natürlich schlicht und ergreifend mit der Tatsache zu tun
hat, dass die meisten Rollen von Menschen gespielt werden aber im
Gegensatz zum Serienuniversum vom Star-Trek, in dem überwiegend
nur menschlich aussehende Rassen eine Rolle spielen bietet Farscape
eine Fülle, die man wohl nur schwer übertreffen kann. David
Kemper hat das einmal treffend ausgedrückt:
"Wir wollten die Kantinenszene aus Star-Wars
auf einer wöchentlichen Basis haben."
Das ist ihnen gelungen.
Nachdem die Macher von "Space:
Above and Beyond" die Waghalsigkeit besaßen, schwarze
Raumschiffe in einem schwarzen Weltraum zu generieren, dachte man,
dass man die CGI-Effekte nicht mehr steigern könnte doch natürlich
lässt sich die Entwicklung der Technik nicht aufhalten. Und wenn
man einen Blick auf die CGIs von Farscape wirft, wird man feststellen,
dass diese absolut perfekt wirken.
Fasziniert sieht man zu, wenn Moya eine Stellarbeschleunigung das
Äquivalent des Warp-Antriebs und des Metagravantriebs bei Perry
durchführt. Die Wurmlöcher, die fremden Welten, die Kulissen
und die Bauten sind für eine Fernsehserie auf einem sehr hohen
Niveau und lassen sich momentan nur mit den Effekten bei "Enterprise"
vergleichen.
Und sie strahlen eine gewisse Ästhetik aus, man merkt, dass die
Bauer sich bemüht haben, eine Umgebung mit Charakter zu erschaffen.
Dabei wird die einzelne Farscape-Folge wohl weniger gekostet haben
als eine von Enterprise schließlich wurde die Serie in Australien
gedreht, wo etliches billiger ist. Auch bekamen die Schauspieler nur
den vorgesehenen australischen Standard-Tarif, einzig Ben Browder
als Amerikaner dürfte weit mehr verdient haben als alle anderen.
Nicht zu unrecht wird die Serie von den Fans teilweise
als "dark", als dunkel, eingestuft. Nicht nur, weil die Themen die
sie behandelt, weitaus dunkler sind als bei anderen Serien Mord,
Vergewaltigung, Drogen unter anderem sondern auch weil die Kostüme
und zunehmend die Kulissen dunkler sind.
Je mehr der Story-Arc voranschreitet, desto düsterer und bedrohlicher
wird die Atmosphäre an Bord von Moya. Die hellen, lichtdurchfluteten
Gänge in den ersten beiden Staffeln weichen einem trüben
Dämmerlicht.
Dazu kommen die Kostüme, die von dunklem Leder dominiert werden.
Überspitzt kann man sagen, dass auch die BDSM-Liebhaber der Serie
einiges abgewinnen können die Beziehung zwischen John und Scorpius
wäre ein gutes Beispiel dafür.
"Manchmal musst du aufgeben."
"Nein, muss ich nicht."
Dialog zwischen Chiana und John
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Dass die Serie mit der 4.22 für immer und alle
Zeit enden soll, das können und wollen die Fans nicht hinnehmen.
Zudem der Cliffhanger ein regelrechtes "Blakes 7"-Ende besitzt - wer
sich darunter nichts vorstellen kann, sollte sich die Folge ansehen.
Nachdem in einem Chat im September von Ben Browder und
David Kemper die Einstellung der Serie bekannt gegeben wurde, organisierte
sich rasch der Widerstand der Fans im Netz.
Die Webseite "Save Farscape" www.watchfarscape.com
- ist das Herz- und Nervenzentrum der Kampagne, die eine Fortsetzung
der Serie fordert.
Dabei erreicht sie eine Dimension und ein Ausmaß, das man nur
mit den Bemühungen der Trimbles bei der "Star-Trek"-Rettungsaktion
vergleichen kann.
In der Woche nach der Bekanntgabe brachen die Server des Sci-Fi-Channels
zusammen. Empörte Fans überschütteten den Sender mit
Briefen und Faxen denn diese werden nicht so leicht weggeworfen
wie Emails.
Gleich am Tag nach dem Chat erschien in einer australischen Tageszeitung
eines große Dankes-Anzeige an die Crew und die Macher der Serie.
Ein unbekannter Fan kaufte das Cover von "Variety", um auf die Einstellung
hinzuweisen.
Das erste Ziel der Kampagne war es, die Ratings für
die noch kommenden Episoden von Farscape die Serie pausierte während
der Wintermonate die Nielsen-Ratings zu steigern.
Jedoch:
5000 geheimgehaltene Familien übermitteln mittels einer Settop-Box
die Daten ihres Fernsehverhaltens an Nielsen, die daraus dann die
Quoten berechnet. Die Chance, einen Zuschauer aus dieser kleinen Zielmenge
durch gezielte Aufrufe zu erwischen ist angesichts der Größe
der USA recht erfolglos.
Daher waren die Resultate alles andere als zufriedenstellend.
Mittlerweile wird versucht, für die Serie ein neues
Zuhause zu finden und das nicht nur in den USA, auch bei uns schreiben
die Scaper Briefe an die Fernsehanstalten.
Die Serie wechselte bei Sat 1 des öfteren ohne Vorankündigung
den Sendeplatz, zuerst wurde sie Freitags um 20:15 ausgestrahlt, dann
wanderte sie zum Samstag um 16:00 Uhr und schließlich rutschte
sie vom eigentlichen Hauptsendeplatz am Sonntag um 17:00 Uhr auf den
Sendeplatz am selben Tag um ein, zwei Uhr.
Nachts.
Demzufolge ist die Anzahl der regulären deutschen Zuschauer natürlich
geringer als in den USA oder in den UK, wo die BBC die Serie zeigte.
Unverständlich ist nach wie vor, dass Sat 1 im Archiv die komplett
synchronisierte dritte Farscape-Staffel bunkert sie lief vorher
auf Premiere und sich weigert, diese dem deutschen Zuschauer zu
zeigen. Begründet wird das mit schwachen Quoten.
Nun, wie viele Zuschauer erreicht man wohl Sonntag Nachts um zwei
Uhr?
Nachdem Sat 1 die Folgen der ersten Staffel relativ
willkürlich durcheinander zeigte, hat der Sender die erste Staffel
zwar in der richtigen Reihenfolge wiederholt und anschließend
die zweite Staffel gezeigt nach den oben erwähnten Programmplatzverschiebungen
- aber danach verschwand sie komplett vom Bildschirm.
Die Star-Trek-Serien dagegen werden laufend wiederholt, manchmal,
gelinde gesagt, bis zum Erbrechen.
Ich persönlich habe nichts, und ich betone, nichts gegen die
Fans der Serie, noch gegen die Fans von Stargate, die von Sci-Fi verlängert
wurde. Im Gegenteil, Star-Trek habe ich auch sehr gerne gesehen.
Das unverschämte Verhalten von Sat 1 kann ich nur dem Sender
selbst vorwerfen, tue das aber mit aller Nachdrücklichkeit.
Bei den wöchentlichen Briefen an UPN und Viacom,
die gerüchtweise die Senderfamilie aufkaufen wollen, zu der auch
Sci-Fi gehört, bleibt es jedoch nicht.
Originelle Aktionen wie das Versenden von Eiskreme an den Kritiker
Matt Roush, der Farscape in seiner TV-Guide-Web-Kolumne lobend erwähnt
und an die Verantwortlichen von UPN sowie das Versenden von BHs an
die Sci-Fi-Vorsitzende Bonnie Hammer haben der Kampagne die Aufmerksamkeit
der Medien gebracht.
CNN berichtete rund fünfmal über die Aktivitäten der
Fans, in Deutschland widmete sich sogar die FAZ der Serie. Crew und
Cast haben den Fans ihre Anerkennung ausgesprochen und stärken
ihnen den Rücken.
Ein "Wheres my Riot"-Fund sammelt Geld für die zahlreichen Projekte.
Am 05. 10. 2002 fanden weltweite Rallys statt, um die Serie zu unterstützen,
dabei waren auch Kölner Fans und sogar in Afghanistan gingen
die Fans auf die Straße.
Obwohl die deutschen Fans eine recht kleine Gruppe sind,
verglichen mit den Amerikanern, sind sie nicht weniger aktiv. Einen
guten Überblick über die Aktivitäten hier in Deutschland
bietet zum einen die Webseite http://www.anduranova.de/germanscapers/
- dort finden sich die Photos von der Kölner Farscape-Rally
der ein oder andere wird mich da auch entdecken können.
Ein weiterer Anlaufpunkt ist die SF-Community.de, dort gibt es eine
sehr reges Forum rund um Farscape mit weiteren Adressen. Wer lieber
Emails liest, der sollte sich in die Farscaped-Yahoo-Group eintragen:
http://de.groups.yahoo.com/group/farscaped/.
Und natürlich darf ein Hinweis auf To
Be Frelling CONtinued, das große FS-Treffen und die kleineren
Regionaltreffen nicht fehlen, die genauen Termine finden sich auf:
http://fstreffen.allabouthmpf.com/
sowie auf
http://fstreffen.allabouthmpf.com/regional.htm.
Ich kann den To Be Frelling CONtinued Con nur empfehlen
Luftmatratzen, Cracker und jede Menge Farscape-Folgen erwarten einen
dort.
Und nette Leute.
Natürlich. ;-)
Was die Zukunft bringen wird, wissen wir Fans nicht.
Wir hoffen natürlich, dass es mit der Serie eines Tages in irgendeiner
Form weitergeht und so lange werden wir dem Grundsatz von John Crichton
treu bleiben:
"Hoffnung ist das, was
einen antreibt. Und ohne Hoffnung ist man nichts."
|
Christian "Prospero" Spließ
Ein spezieller Dank gilt DRDPike fürs Hinweisen
auf die kleinen Schnitzer.
Links:
Paradise #
52 könnt Ihr hier online bestellen