Paradise # 45

Das Interview mit

                                                                           Claudia Kern

                                  geführt von Christian Spließ

 

Zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zur Nominierung für den Phantastik.de-Award als beste Autorin in diesem Jahr!

Christian Spließ (lks.) im Gespräch mit Claudia Kern

 

Im letzten Jahr hast Du den Preis für die beste Serie ja "Professor Zamorra" bekommen und Du hattest schon einen kleinen Vorgeschmack davon, wie es ist im Rampenlicht zu stehen.
(Beim letzten BuCon hatte Werner Kurt Giesa, der Autor von "Professor Zamorra", Claudia kurzfristig auf die Bühne geholt.)
Dennoch –
Wie fühlt man sich so als potentielle Preisträgerin?

 

Erst einmal vielen Dank für den Glückwunsch. Ich glaube, man ist immer stolz, wenn man für einen Preis nominiert wird, egal, ob es der Phantastik.de-Award ist oder der Oscar.

Äh... sollte das zufällig jemand von der Academy of Motion Pictures and Sciences lesen, ihr könnt mich gern für irgendwas nominieren. Ich bin stubenrein und falle auf öffentlichen Veranstaltungen nur selten unangenehm auf.

Zurück zum Thema: Ja, ich freue mich wirklich über die Nominierung, weil es zeigt, dass es ein paar Leute da draußen gibt, denen meine Sachen gefallen. Und das ist sehr sehr cool.


Du hast ja schon ein sehr – sagen wir – turbulentes Leben hinter Dir. Du warst Redakteurin bei der SPACE VIEW, dort hast Du immer noch die Kolumne "Kernspaltereien", hast öfters in England gelebt und bist dann bei "Professor Zamorra" und bei "Maddrax" gelandet. Bist Du mit diesem Leben eigentlich zufrieden oder hättest Du es nicht gerne mal ein wenig ruhiger?

 


Es gibt wohl wenige Berufe, die ruhiger sind als der einer Autorin. Man sitzt den ganzen Tag vor dem Schreibtisch, starrt wie hypnotisiert auf einen blinkenden Cursor und hofft, dass ein Teil des Gehirns, den man nicht versteht, aus den Buchstaben der Tastatur einen halbwegs sinnvollen Satz macht. Klappt leider nicht immer. J

Nein, ich bin mit meinem Leben im Moment sehr zufrieden, würde nur gerne mehr reisen, aber dazu fehlt leider die Zeit.


Es gibt einige Autoren, die schon seit ihrer Kindheit schreiben. Seit wann bist Du der Sucht verfallen Geschichten aufs Papier zu bringen? ;-)

 


Das wird jetzt ein wenig peinlich, aber okay:
Erinnerst du dich noch an die Serie "Frei geboren"? Da ging es um die Löwin Elsa und ihre menschlichen Besitzer in Kenia (glaube ich). Die Serie lief Sonntags morgens um zehn Uhr und ich habe jede Folge gesehen.
Eines Tages hat die ARD sie abgesetzt – ein schwarzer Tag in meinem Leben – und ich habe daraufhin angefangen neue Folgen in mein Schulheft zu schreiben.
Das las sich in etwa so: "Die Löwin Elsa findet einen Wildhüter. Der hat sich verletzt. Sie läuft zu George. George holt Hilfe. Der Wildhüter wird gerettet. Ende." - Nicht unbedingt Shakespeare, aber nun gut, ich war acht Jahre alt. J


Ich weiß, die Frage wird Dir öfters gestellt und die Antwort liegt Dir vermutlich bereits auf der Zunge: Wie bist Du eigentlich zu "Professor Zamorra" gekommen?

 

 


Durch einen Zufall. Ich war auf dem BuCon, um Werner K. Giesa für die SPACE VIEW zu interviewen.
Kurz darauf sollte ich für den Heel-Verlag einen SF-Roman schreiben und weil ich mich allein nicht getraut habe, rief ich WKG an, der dann so nett war fünfzig Prozent zu übernehmen. Aus Gründen, die mir ewig rätselhaft bleiben werden, fand er mein Zeug akzeptabel und fragte mich, ob ich einen PZ schreiben wolle.
So ging’s los.


Wie lange brauchst Du, um einen Heftroman zu schreiben? Inklusive der Vorarbeiten – also der Recherchen und dem Exposé – wobei das letztere ja eher für "Maddrax" gilt.

 

 


Das hängt von der Großwetterlage, den Download-Geschwindigkeiten im Internet und dem Grad der Panik ab.
Wenn ich nicht unter Zeitdruck stehe, brauche ich rund zwölf Tage für einen Heftroman mit Recherche usw., außer bei Sonnenschein und hohen Temperaturen. Dann sinkt die Motivation immer ein wenig. Wenn allerdings ein Lektor eine Pistole an meinen Hinterkopf hält, geht es wesentlich schneller.


Im Heftromanbereich ist es eigentlich üblich, dass sich die Autoren so nette Pseudonyme wie "Dan Shocker" oder "Michael J. Parish" zulegen. Du dagegen schreibst unter deinem richtigen Namen – obwohl schon öfters vermutet wird, dass das ein Pseudonym wäre.
Gibt’s dafür einen bestimmten Grund?

 


Es gibt Leute, die glauben, dass Claudia Kern ein Pseudonym ist? Cool...

Nein, es gibt eigentlich keinen besonderen Grund für das fehlende Pseudonym, mir ist nur kein Vernünftiges eingefallen. Außerdem wusste ich nicht, dass es im Heftromanbereich üblich ist, nicht unter dem eigenen Namen zu schreiben, auch wenn Namen wie Dan Shocker, Mike Shadow oder Jason Dark mir schon irgendwie zu denken gaben. J


Was macht Dir mehr Spaß – nach einem vorgefertigem Exposé zu schreiben oder sozusagen frei nach Schnauze zu fabulieren?

 


Ich schreibe eigentlich immer nach Exposé, nur dass ich es bei Zamorra allein verfasse und bei Maddrax zusammen mit Mike Schönenbröcher. Ich bewundere Autoren, die einfach so drauf los schreiben können, aber ich muss bei meinen Geschichten schon vor dem ersten Satz wissen, wie das Ende sein wird, sonst verzettele ich mich spätestens nach einem Drittel – manchmal passiert mir das allerdings auch mit Exposés, weil Szenen, die in der Kurzfassung Sinn ergeben, im Roman ganz anders wirken können oder die Handlung nicht zu den Figuren passt.


Gibt’s bei "Maddrax" Lieblingsfiguren?
Also bestimmte Charaktere, über die du gern schreibst?
Und die Frage gilt dann auch für "Professor Zamorra". ;-)

 

 


Bei Maddrax schreibe ich am liebsten Matt, weil er einen Sinn für Selbstironie hat. Das schätze ich sehr, denn man kann ihn auch in peinliche Situationen bringen, ohne den Charakter an sich albern erscheinen zu lassen.. Bei PZ ist mein Liebling im Moment der Zamorra aus der Spiegelwelt, weil er ein größenwahnsinniger Sadist ist und mir damit sehr nahe kommt... nein, das wollte ich jetzt so nicht sagen... lass mich den letzten Satz noch mal überdenken...


Du hast ja nicht nur für die beiden Heftromanserien geschrieben, sondern auch bei der Fortsetzung der "Vampira"-Serie mitgeschrieben.
Beziehungsweise, Du hast bei einem Hardcover zusammen mit Michael Nagula und dem Hauptautor zusammengearbeitet.

Wie war diese Zusammenarbeit mit Manfred Weinland?
Und wie kam diese überhaupt zustande?

 


Wir haben telefoniert (eine meiner Lieblingsbeschäftigungen) und dabei kam das Thema auf "Das Volk der Nacht". Na ja, und dann kam eins zum anderen.
Die Zusammenarbeit mit Manfred Weinland war toll, vor allem, weil ich mich jederzeit mit Fragen an ihn wenden konnte und er mir nicht den Kopf abgerissen hat, wenn ich zum hundertfünfzigsten Mal fragte: "Aber warum tut Landru das???"

Es war in jedem Fall eine sehr interessante Erfahrung, aber sollte ich noch einmal die Gelegenheit bekommen, für DVDN zu schreiben, dann steige ich nicht wieder mitten in einem Zyklus ein.


Gibt es irgendwelche Projekte, die dich schriftstellerisch reizen würden? Vielleicht mal ein "richtiger" Roman im Hardcover?

 

 


Ein richtiges Hardcover würde mich in jedem Fall reizen, ebenso wie ein Drehbuch, was vermutlich daran liegt, dass die meisten meiner schriftstellerischen Vorbilder aus dem TV- und Filmbereich kommen.
Joss Whedon, David E. Kelley und der unglaublich talentierte Aaron Sorkin – das sind Leute, deren Gehirn ich essen würde, wenn ich auf diese Weise ihr Talent bekäme.
Kleiner Scherz...


Heftroman-Fans sind im allgemeinen ja als sehr nette Menschen verschrien. ;-)

Wie erlebst Du das auf den Conventions?
Und bekommst Du viel Fanpost?

 

 


Ab und zu trudelt schon mal ein Brief ein, aber die meisten Fan-Begegnungen gibt’s natürlich auf Conventions. Die Fans sind natürlich alle total nett!!! J

Nein, also die meisten sind wirklich toll und werden auch nicht müde, einen auf kleine, unbedeutende Fehler in den eigenen Romanen hinzuweisen (dass ich die Frauenkirche nach Berlin verlegt habe, wird man mir wohl bis ans Ende meiner Tage vorwerfen). Da ich ja selber aus der Fanszene komme, kann ich aber damit umgehen. J

Conventions sind für mich fast schon wie eine Art Klassenfahrt, weil man dort mit vielen Leuten reden kann, die man sonst nur aus dem Internet oder aus Briefen kennt. Und auch die Kollegen sieht man nur selten "leibhaftig" vor sich. Das macht schon Spaß.


Zum Schluss möchte ich mich für die Beantwortung der Fragen herzlich bedanken und wünsche Dir für die Zukunft alles Gute.

 


Gern geschehen, auch wenn es etwas länger gedauert hat.
Hoffe, du kannst was damit anfangen!

Letztes Update dieser Seite am 11. September 2001