Die Europäische Raumfahrtbehörde ESA hat
sich als Partner des ISS-Projektes 1995 verpflichtet, nach Fertigstellung
der Raumstation 8,3 % der aufkommenden Unterhaltskosten zu zahlen.
Anstatt daß sie den Betrag durch direkte Zahlungen an die federführenden
Amerikaner und Russen begleicht, hat sie die volle Verantwortung für
Bau und Betrieb des offiziell "Automatisches Transferfahrzeug"
(engl. "Automatic Transfer Vehicle")
heißenden Versorgungsraumers ATV übernommen.
Nun, unter dieser Bezeichnung kann man sich recht viel vorstellen.
ATV ist kein bemanntes Raumfahrzeug, obwohl es den Sicherheitsvorschriften
für bemannte Flüge zur ISS genügen muß.
Es wird erst nach der Fertigstellung der Raumstation
zum Einsatz kommen, d. h. frühestens im Jahre 2003 beim derzeitig
gültigen Fahrplan. Der Raumer soll dann die Station mit Treibstoff
und Versorgungsgütern beliefern. Da die ESA für ATV voll
verantwortlich gezeichnet hat, muß sie auch für den Transport
des Fahrzeugs ins All sorgen.
Als Träger kommt deshalb nur die Rakete ARIANE 5 in Betracht.
ARIANE 5 ist allerdings als reiner Satellitenträger konzipiert
worden, sie kann keinerlei Rendezvous- oder Kopplungsmanöver
durchführen.
Man hat ATV daher als "intelligente" Transferstufe konstruiert,
die die beim ATV-Flug nicht benötigte oberste Stufe der ARIANE
5 ersetzt.
Ein intelligenter Schachzug! Die ARIANE 5K-Rakete bringt den
ATV-Raumer in eine Höhe von 306 Kilometern über der Erdoberfläche;
dann wird die ATV-Stufe abgetrennt, fliegt mit eigenem Antrieb zur
Raumstation und dockt dort an das Russische Service Modul an.
ISS wird von ATV mit Treibstoff und Versorgungsgütern
beliefert; auch im Weltraum muß die Logistik passen. Im Innern
des Raumers befinden sich ein Nutzlastcontainer und Gas- bzw. Flüssigkeitstanks.
Ist das Fahrzeug an ISS angedockt, kann mit Hilfe des ATV-Antriebs
die (über 450 Tonnen schwere) Raumstation auf eine höhere
Umlaufbahn befördert werden. Das ist ab und zu nötig, da
die Station in einer Höhe um die Erde kreisen wird, wo sie noch
von Atmosphärenresten abgebremst und stetig an Höhe verlieren
wird.
Auf dem Rückflug wandelt sich ATV in den ersten kosmischen "Mülleimer",
denn es ist mit all den von der anwesenden Stationscrew nicht mehr
benötigten bzw. wiederverwendbaren Gütern beladen worden.
Die Entsorgung entspricht noch nicht den deutschen Entsorgungsvorschriften:
Eine Landung von ATV auf der Erde ist nicht vorgesehen, der Raumer
wird absichtlich so steil auf die Erdatmosphäre treffen, daß
er in Einzelteile zerbricht bzw. verbrennt.
Möglich also, daß dann einzelne Fundstücke, nicht
immer appetitlichen Inhalts, auf der Erde aufgelesen werden.
Bild: Kopplungsmechanismus ATV
- ISS
Im vergangenen November sind die Verträge mit den
beteiligten Firmen abgeschlossen worden. Der französische Luft-
und Raumfahrtkonzern AEROSPACE übernimmt ab sofort die
Entwicklung, die junge Fusion von DAIMLER-CHRYSLER AEROSPACE
etwa ab 2000 die Herstellung des ATV-Transporters. In Bremen entsteht
derzeit ein erster Prototyp. Ca. 400 Millionen EURO schluckt allein
die Entwicklung, ein einzelner ATV-Raumer wird ca. 100 Mio. EURO kosten.
Man plant derzeit den Bau von 8 12 Fahrzeugen.
Oberpfaffenhofen kontrolliert "Columbus"
Ein großer Erfolg für das Deutsche Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR):
Das Kontrollzentrum für das europäische Weltraumlabor
COLUMBUS wird seinen Sitz im oberbayerischen Oberpfaffenhofen
haben!
Der bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu übertrieb etwas
in seiner überschwenglichen Erklärung vom 22.12.98 in
München:
"Oberpfaffenhofen hat sich in der Standortkonkurrenz durchgesetzt.
Das europäische Houston wird damit in Bayern liegen."
Das DLR bei München wird somit auch zum zentralen Knotenpunkt
für die geplante INTERNATIONALE RAUMSTATION. Der Auftrag der
Europäischen Raumfahrtagentur ESA hat den Angaben zufolge ein
Volumen von 450 Millionen Mark und soll 90 hochqualifizierte Arbeitsplätze
schaffen.
Die Inbetriebnahme der Anlage ist für Anfang 2002 geplant.
Ein Jahr später soll das COLUMBUS-Labor auf der Raumstation
einsatzbereit sein.
"Das Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen wird dann rund um
die Uhr in Betrieb sein", sagte der CSU-Politiker.
Textquellen:
Remscheider General-Anzeiger v. 29.12.98, NASA-Homepage,
ESA-Homepage
Bildnachweis:
NASA und ESA