Paradise # 55
Rezension
MEISTERWERKE DER
FANTASY
TIM POWERS
DIE TORE ZU ANUBIS REICH
Wilhelm Heyne Verlag 9305
Umfang: 573 Seite Preis: 9,- €
Originaltitel: The Anubis Gates
Übersetzt: Walter Brumm
Neu überarbeitet und ergänzt:
Hannes Riffel und Bernhard Kempen
Titelbild: Christoph Vacher
|
|
Die Briten besitzen seit jeher einen Spleen. Reiche
Briten wie der Industrielle J. Cochran Darrow erst recht. J. Cochran
Darrow stieß bei seinen Untersuchungen auf einen ganz besonderen
Umstand. Seine quantenphysikalischen Untersuchungen brachten zutage,
dass es anscheinend einen Punkt gibt, an dem die verschiedensten Epochen
oder Zeitlinien miteinander verbunden sind.
Hier ist es durchaus möglich, die Vergangenheit mit der Gegenwart
zu verbinden und einen Übergang zu schaffen. Cochran geht es
vor allem darum, einen Vortrag des berühmtesten britischen Dichters
zu besuchen.
Samuel Taylor Coleridge hält einen Vortrag, den der reiche Industrielle
besuchen möchte. Er bietet Professor Brendan Doyle an mitzureisen.
Professor Doyle schrieb eine Abhandlung über den Dichter und
nimmt nur allzu gern das Angebot an.
Wo und Wie sonst wäre es ihm sonst möglich, Samuel Taylor
Coleridge zu hören oder gar persönlich zu sprechen? Sein
eigentliches Spezialgebiet ist jedoch der Dichter William Ashless.
Aber da gibt es noch ganz andere Gründe, warum
J. Cochran Darrow in die Vergangenheit reisen will.
Im London von 1810 lebt angeblich ein Mensch, der seinen Körper
mit anderen Menschen tauschen kann.
Dieser Mann ist angeblich ein Magier, der unter dem Zeichen des ägyptischen
Totengottes Anubis einen Weg gefunden hat, die Zeit zu überlisten.
Das eigentliche Ziel des todkranken Darrow ist jedoch, im Jahre 1810
zu leben. Leider läuft für ihn nicht alles so, wie es eigentlich
sollte. Denn Prof. Doyle wird von einem Zigeuner entführt und
auch William Ashless ist nicht mehr aufzufinden.
Außerdem sucht Darrow einen kleinen Mann, der am ganzen Körper
behaart ist. Dieser Mann ist sehr gebildet und spricht von alten ägyptischen
Göttern, Unsterblichkeit und ähnlichem.
Brendan Doyle und sein Begleiter Brenner wollen jedoch irgendwie ins
Jahr 1983 zurück. Dazu benötigen sie die Hilfe des Haarigen,
weil Cochran anscheinend alle umbringen lässt, die mit ihm in
die Vergangenheit reisten.
Der vorliegende Roman trägt durchaus zurecht den
Serientitel „Meisterwerke der Fantasy“.
Er ist ein sehr kurzweiliger Lesestoff für Leser und Leserinnen
für mit Sinn für das Unwahrscheinliche und Magische. Tim
Powers Erzählung ist eine vorteilhafte Mischung aus Fantasy und
viktorianischer Alternativwelt.
Diesen Roman kann man durchaus in die „Schublade“ Steampunk
stecken. Steampunk ist eine Alternativwelt, meist zwischen 1800 und
1900, und ein sehr überzeugendes Rollenspiel. Hier funktioniert
alles, wie es der Name bereits andeutet, auf der Basis dampfbetriebener
Motorkraft.
Auch der Comic „Ruse“ von Crossgen arbeitet auf dieser
Basis. Hier gibt es seltsame Experimente, Fabelwesen, gewissenlose
Professoren und Alchimisten.
Der Roman erhielt im Jahr 1983 den begehrten Philip
K. Dick Award als bestes Erstlingswerk. Geschichtliche Tatsachen in
Verbindung mit einer vergnüglichen Zeitreise bieten einen großen
Lesespaß. Dabei nimmt Tim Powers sich selbst und den herrschenden
Literaturbetrieb nicht allzu ernst.
Erik Schreiber