Kontor
Bücher sind Schiffe, welche die weiten Meere der Zeit durcheilen. (Francis Bacon)
[07] Seine Majestät befehlen
Herr der Meere Nr. 7
K.H. Scheer (Pierre de Chalon)
1. Ausgabe der überarbeitete Neuauflage
Originalausgabe: Leihbuch, Balowa Verlag, 1958
Herausgeber: Kurt Kobler
Titelbild: Norbert Schneider
Redaktion: TCE
Durchsicht und Bearbeitung des Textes: Michael Thiesen
Kartenmaterial und Innenillustrationen: Willi Diwo
Scan des Originaltextes: Hans-Peter Kögler
Druck: Schaltungsdienst Lange OHG, Berlin
Umfang: 154 Seiten
Preis: 10 EUR
© Terranischer Club EdeN, September 2011
Inhalt:
Wir schreiben das Jahr 1673.
Es ist die Zeit der überraschenden Eroberungsfeldzüge eines Herrschers, den man den Sonnenkönig nannte. Indessen die französischen Truppen in den Niederlanden Sieg auf Sieg erringen, geschahen südlich der Pyrenäen Dinge, die sich gegen die Machtpolitik des Franzosenkönigs richten.
Reinhardt Gonder, den man „Herr der Meere“ nennt, hat mit seinem gewaltigen Linienschiff den französischen Mittelmeerhafen Marseille erreicht, und dort muss er erfahren, dass Seine Majestät auch ihm befiehlt.
Gonder wird in das harte, gnadenlose Intrigenspiel der spanisch-französischen Spionage verwickelt, aus der er sich nur mit Hilfe seines kampfstarken Schiffes befreien kann.
Meisterhaft versteht es Pierre de Chalon, den Einsatz von Waffen zu schildern, die für die damalige Zeit ungeheuerlich und epochal waren. Es geht um die Gunst der marokkanischen und algerischen Fürsten, die beide Großmächte für ihre Zwecke einzuschalten gedenken.
„Seine Majestät befehlen“ ist ein Roman, der weit über den Rahmen einer abenteuerlichen Schilderung hinauswächst. Die angeführten Geschehnisse entsprechen den historischen Tatsachen, und die realistische Schilderung der Vorgänge ist so packend, dass es jedem interessierten Leser schwerfallen dürfte, diesen ausgezeichneten Seeroman vorzeitig aus der Hand zu legen.
Preis: | 10,00 € |
Beschreibung
Diese in den 50er Jahren noch sehr verbreitete Gattung der Literatur handelte meist von kühnen Piraten, die mit ihren Schiffen die tollsten Abenteuer erlebten. Gedruckt wurden diese Abenteuer in verschiedenen Leihbuch-Verlagen, die damals ihre Blütezeit erlebten.
KHS hatte bereits 1953 in einer ersten Leihbuch-Piratenserie Erfahrungen in dieser Art der Unterhaltungsliteratur gesammelt und setzte sie nun in einer eigenen Romanreihe um.
Anders als bei »König der Meere« (erschienen im Reihenbuch Verlag) war bei der »Heer der Meere«-Serie des BALOWA VERLAGS das Pseudonym kein Verlags-, sondern ein Autoren-Pseudonym, unter dem nur Scheer selbst schrieb.
Die ersten sechs »Herr der Meere«-Romane erschienen von 1983-85 als Jugendbücher beim ENGELBERT VERLAG in einer von seiner Frau Heidrun Scheer leicht überarbeiteten Neuauflage.
Für diese Neuauflage der HERR DER MEERE-Serie bekamen wir zunächst von Frau Scheer die Erlaubnis für den Nachdruck der ENGELBERT-Jugendbuch-Ausgabe. Kleinere Fehler, die sich in diese Ausgaben offensichtlich eingeschlichen haben, sind von uns ausgebessert.
Jetzt im Jahr 2009 setzt die MARIA STUART also nochmals die Segel, und Scheers tollkühne Piraten sind bereit, sich den Lesern des neuen Jahrtausends zu stellen.
Dem Science-Fiction Club »Terranischer Club EdeN« (TCE) ist dank der sehr großzügigen Geste von Frau Heidrun Scheer die Ehre und die Möglichkeit zuteil geworden, sogar die komplette »Herr der Meere«-Reihe neu herauszugeben, also auch die restlichen Bände 7-9.
Scheer wollte seine Leser mitnehmen. Wer bereit war, ihm zu folgen, war bald gefangen von seiner erzählerischen Dynamik und den kraftvollen Beschreibungen.
Und so möchte ich Euch bitten, mit an Bord zu kommen – auf eine Reise in eine Zeit, in der Männer noch aus Eisen und Schiffe noch aus Holz waren.
Kurt Kobler, Mai 2009
[Aus dem Vorwort des ersten Buches dieser Neuauflage]
Das TCE-Mitglied Martin Marheineke hat sich das ehrgeizige Projekt vorgenommen, die „Herr-der-Meere“-Serie fortzuführen, da am Ende von Band 9 Fragen offen blieben.
Der Titel ist „Geheimauftrag MARIA STUART“.
Leseprobe:
Leutnant Emanuel Tronso, Kommandant auf Seiner Katholischen Majestät Korvette LIBERTAD, fuhr zusammen, als der Ruf des Ausgucks aufklang.
»Welches Schiff?«, schrie der noch junge Mann zum Großtopp der zweimastigen Korvette hinauf. »Ist das schon wieder einer von den verfluchten englischen Ketzern?«
»Nein, Señor, bestimmt nicht«, schrie der Ausguck zurück. »Es muss einer von den flachgehenden Küstenschonern sein, die von den Franzosen zur Küstenfahrt benutzt werden. Zwei Pfahlmasten, keine Stengen. Im Vorgeschirr zwei große Stagsegel, sonst nur Gaffelsegel. Stehen in Längsrichtung zum Rumpf.«
»Als wüsste ich das nicht, du Blödkopf«, tobte der Offizier, der zu den jungen Leuten gehörte, denen man ein umgebautes Fischerfahrzeug anvertraut hatte.
Auch die sogenannte Korvette LIBERTAD war nichts anderes als ein alter, ausgedienter Fischlugger mit zwei Pfahlmasten, worin sie dem französischen Schoner glich. Nur mochte die Korvette um fünfzig Jahre älter sein. Immerhin hatte sie vier Kanonen an Bord, was notfalls ausreichte, einen kleinen Schmuggler aufzubringen. Das war auch der Grund, warum solche Segler grundsätzlich der Guarda Costa, der Küstenwache, zugeteilt wurden.
Seit vier Wochen stand Emanuel Tronso im Golfe du Lion. Es war seine Aufgabe, die Bewegungen der gesichteten Briten zu beobachten. Das war ihm mit dem kleinen Lugger besser möglich als mit einem großen Schiff, da er sich vor eventuellen Prankenhieben der englischen Linienschiffe recht schnell in das flache Fahrwasser dicht unter der Küste zurückziehen konnte.
Sir Humprey war längst darüber informiert, dass man ihm einige dieser Bewacher ins Kielwasser gesetzt hatte, doch darum scherte er sich nicht. Bisher hatten sich schwere Einheiten der spanischen Flotte noch nicht blicken lassen, was verschiedene Ursachen haben konnte.
Humprey stand mit den Schiffen seines Geschwaders immer so dicht vor der französischen Küste, dass er sich bei einem Angriff durch überlegene Streitkräfte jederzeit unter die Festungsgeschütze von Marseille, La Ciotat oder Toulon zurückziehen konnte.
Seine Aufgabe bestand nicht darin, sich mit den Dagos auf schwere Seegefechte einzulassen. Und er war ein Admiral, der seinen Befehlen genau nachging.
Augenblicklich war von seinen Schiffen nichts zu sehen. Doch dafür sichtete der Ausguck des spanischen Bewachers einen französischen Schoner, der vor etwa einer Stunde aus dem Mündungsdelta der Rhone herausgekommen war und mit prall stehenden Gaffelsegeln dicht unter der Küste auf Marseille zuhielt.
»Ha … der Kerl liegt aber tief«, murmelte Tronso. »Nimmt jetzt schon Wasser über, obwohl wir weiß Gott keinen Seegang haben. Den nehmen wir uns vor.« Mit den Worten beugte er sich zurück und schrie zu dem Ausguckposten hinauf: »Eh … Bursche, sind wir hier allein, oder sind da noch andere Schiffe in der Nähe? Ich möchte nicht einer französischen Fregatte vor die Breitseiten laufen.«
»Kann ich mir denken«, brummte der blutjunge Fähnrich Tascin, der auf dem ausgedienten Pott mit der hochtrabenden Bezeichnung »Korvette« als Erster Offizier fungierte.
»Weit und breit nichts zu sehen, Señor«, schrie der Ausguck nach unten. »Nur der französische Schoner.«
»Dann drauf und dran«, brüllte der Leutnant begeistert. »Señor Tascin … Klar Schiff! An die Kanonen mit den Kerls. Diese französischen Küstenfahrer haben meistens eine wertvolle Ladung an Bord, und wenn sie von der Rhone herunterkommen, dann ist die Ladung noch wertvoller. Das kann eine fette Prise werden. Klar Schiff, Señor Tascin.«
Der magere Fähnrich mit dem Gesicht eines Schuljungen schrie mit schriller Stimme: »Klar Schiff zum Gefecht. Wollt ihr wohl die Beine in die Hände nehmen!«
Bei den Worten schielte er aber sehr skeptisch auf die vier leichten Sieben-Pfünder, die sich an Bord des Schiffes befanden. Die Kanonen waren ebenfalls schon recht alt. Ihre Schussleistungen ließen viel zu wünschen übrig. Auf hundert Meter konnte man damit noch ein großes Schiff treffen, wenn der Geschützführer Glück hatte.
Die fünfzig Männer auf der Korvette sprangen auf die Gefechtsstationen, und damit kamen sie durch einen puren Zufall einem Mann in den Weg, den die gesamte spanische Flotte fieberhaft suchte.
Die LIBERTAD fiel scharf ab und nahm direkten Kurs auf den französischen Schoner, der etwa zwei Meilen weit in der offenen See stand: Zweifellos wollte er nach Marseille, was Leutnant Tronso zu verhindern gedachte.
»Ho … diese Küstenschoner haben keine einzige Kanone an Bord«, lachte er und stieß dem Ersten Offizier, der gleichzeitig sein Freund war, die Faust in die Rippen. »Das kann einen vollen Beutel mit runden Dublonen geben. Wir werden ihm eine Breitseite verpassen und dann sofort entern.«
»Breitseite ist gut«, säuselte der Fähnrich säuerlich. »Sie besteht gerade aus zwei Kanonen, die schon unter Karl dem Fünften uralt waren. Bei allen Heiligen … mir wäre es lieber, wenn ich ein tüchtiges Schiff unter den Füßen hatte. Pass nur auf, dass der Kahn nicht zerbricht, wenn du an dem Schoner längsseits scherst.«
Der Kommandant lachte in jugendlichem Übermut, und so rauschte die LIBERTAD mit vollen Segeln auf den Schoner zu, der den Namen VICOMTE trug.
»Ho ho, das ist aber ein feiner Bursche«, lachte Leutnant Tronso lauthals, »VICOMTE haben sie den Kasten genannt. Hoffentlich ist seine Ladung auch so fein.«