Music
Hall Online # 45
1972 Stehaufversuche
Erst wieder im Juli 1973 war Eric Burdon in Europa mit
einer eigenen Band im Konzertsaal zu hören.
Doch Eric war nicht mehr der, der er einst gewesen war. Seine Kreativität
und ein Großteil seiner stimmlichen Ausdruckskraft waren im
Rausch der letzten Jahre verloren gegangen.
Zwei LPs mit älteren Aufnahmen, "Sun
Secrets" (1974) und "Stop!"
(1975), wurden gegen seinen Willen unter dem Namen ERIC
BURDON BAND auf dem Label CAPITOL veröffentlicht, schlechte
kaum verkaufte Produkte aus alten Knebelverträgen. Wie sagte
ein Bundesliga-Profi vom VFL Bochum einst treffend: "Zuerst fehlte
das Glück und dann kam auch noch Pech dazu."
Doch am Boden liegen bleiben, das kannte Eric Burdon nicht; er hatte
und hat Stehauf-Männchen-Qualitäten.
Ob es nun konkrete Geldnöte, der Wunsch Eric wieder
auf die Beine zu helfen oder ein 'Back-to-the-Roots-can-help"-Denken
war, jedenfalls tat sich
die Originalband THE ANIMALS für insgesamt
drei Alben phasenweise wieder zusammen. Der Titel des Comeback-Albums
hatte etwas Tragikomisches: "Before
we were so rudely interrupted" ("Als man uns so brutal
unterbrochen hatte" - 1977). Der erhoffte Erfolg der Reunion blieb
aus - der MUSIKEXPRESS zerriss das Album als "weißgetünchten
Rhythm&Blues". Die vielgerühmte Schwärze von
Erics Stimme habe sich "in milchiges Grau"
verwandelt. [Muss ich leider bestätigen
- Joe]
Für das im gleichen Jahr erschienene Solo-Album
"Survivor"
(1977) griff ihm zwar eine internationale Star-Besetzung unter die
Arme, u.a. mit dem englischen Bluesvater Alexis Korner, Maggie Bell,
seinem alten Weggenossen Ex-NEW ANIMAL Zoot Money, doch auch hier
notierte die Kritik zu Recht eine "völlig
rigide Schablone; die Musik wurde mit der Brechstange auf die Texte
gepfropft" (SOUNDS).
1978 Good
old Germany
Eric Burdon wechselte erneut seine Wahlheimat; es war
ein erster Schritt zurück zu den Wurzeln seiner Kindheit. Seit
1978, als er im Hamburger Kiez-Lokal Chicago lange nach Mitternacht
wilde Rock-Sessions entfesselte, hielt er sich häufig in Deutschland
auf. Mit seinem neuen Freund Udo Lindenberg ging er recht erfolgreich
auf die RockRevue-Tournee.
Auch versuchte er sich als Filmschauspieler in den von der Kritik
nur als "mäßig" beurteilten Filmen "Gibbi Westgermany"
und "Comeback". Dabei übersahen viele Kritiker, dass "Comeback"
eindeutig autobiographische Bezüge zu Erics Vergangenheit aufwies.
Das Material für Film und Soundtrack stammte aus zwei kurz zuvor
veröffentlichten Soloalben "The
last Drive" und "Darkness,
Darkness".
Eric verdiente sich seine Brötchen nun vorzugsweise in Deutschland
mit dem, was er in seiner Geburtsstadt Newcastle gelernt hatte: Auftritte
in kleineren Clubs und Über-Land-Tingeln, will heißen:
mit harter Arbeit.
Anfang der 80er wurde die von mir schon mehrfach erwähnte Autobiographie
veröffentlicht:
"I used to be an Animal but I'm alright now"![Stand up](../images/mh45_use.jpg)
Eric beschönigte darin nichts, berichtete von guten wie
von schlechten Zeiten. Und seine Fans konnten aufatmen:
"...but I'm alright now "
ist der Status am Ende des Buches.
Eric Burdon hatte sich am eigenen Schopfe aus dem Sumpf
gezogen. Er war dabei wieder zurück zu seinen Wurzeln finden:
der harten Arbeit, den Auftritten in kleineren Clubs, dem Blues, dem
Bier und dem englischen Humor. Seine Kreativität hatte er leider
verloren - auf immer und wohl deshalb hat er nie mehr zu alter Größe
zurückgefunden. Aber er war auf einem guten Weg: ein ausgeglichener
Mensch zu werden, der mit dem, was er noch kann, zufrieden ist.
Nur schlüssig, dass sich der Autobiographie eine gleichnamige
autobiographische LP/CD anschloss: "I
used to be an Animal".
Offensichtlich hatte er das Vergangene verarbeitet, denn der Mann
aus Newcastle öffnete sich wieder der großen Welt: In David
Letterman's "Late Show" assistierte er dem Bandleader Paul Shaffer
(auf CD:"Coast to Coast" mit "Room to view").
Mit dem 1982 aufgenommenen Soundtrack ließ er wieder aufhorchen,
besonders die Ode auf den Bluessänger Elmore James ("No
more Elmore") hatte es der öffentlichen Kritik angetan.
1983 machte er mit den ANIMALS
noch einmal eine Tournee, nahm mit ihnen die Studio-Scheibe "Ark"
auf und ließ ein Silvesterkonzert in der Londoner Wembley Arena
(!) für das Album "Greatest Hits Live"
mitschneiden. Bei dieser Gelegenheit erklärte Eric im Rückblick
des Erlebten der vergangenen 15 Jahre nachdenklich,
"Im Vergleich mit dem Überleben im Showbusiness
müsse es relativ angenehm sein, in Afghanistan gegen die Russen
zu kämpfen".
Joe the Nighthawk
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