OFFENER BRIEF

von

M-(W) Thom

zu seinem Artikel

„Kinder ihrer Zeit – Wernher von Braun und Walter Ernsting ...“

im Walter Ernsting-Gedenkband des T C E

Normalerweise reagiert M-(W) Thom nicht darauf, ob man das von ihm Veröffentlichte im Perry Rhodan-Fandom gut oder schlecht bewertet. Doch hat der Artikel „Kinder ihrer Zeit“ in dem Walter Ernsting-Gedächtnisband „Ein Freund der Menschheit“ des TCE solch bornierte, teilweise hysterische Reaktionen ausgelöst, dass ich es als angebracht ansehe, einige Dinge klarzustellen.

Besonders absurd finde ich es, wenn mir angekreidet wird, ein Pseudonym zu verwenden. Dies in einem Medium wie der Science Fiction vorgeworfen zu be­kommen, wo viele berühmte Autorinnen (Alice Sheldon alias James Tiptree jr.) und Autoren (wie Walter Ernsting alias Clark Darlton), unter ihren Pseudonymen bekannter und beliebter geworden sind als unter ihren richtigen Namen, erscheint einigermaßen lächerlich. Es sei daran erinnert, dass es gerade Walter Ernsting war, der in den 50-er Jahren den damaligen Lektor des Pöbel-Verlages , Kurt Bernhardt, mit dem „englischen“ Pseudonym „CLARK DARLTON“ bewusst hinters Licht führte, um seinen ersten eigenständigen SF-Roman „Ufos am Nachthimmel“ veröffentlichen zu können. Niemand hat ihn deswegen später verurteilt, und was einem Walter Ernsting recht war, kann einem M-(W) Thom nur billig sein!

Im Gegensatz zu diesem damaligen Vorfall ist jedem Redakteur des Perry Rhodan-Fandoms, für den ich unter Pseudonym schreibe, meine Anschrift und Identität bekannt. Kritik an dem von mir Geschriebenen erreicht mich, sofern sie nicht ohnehin in Internet und Printmedien öffentlich geäußert wird, über diese Schiene jederzeit. Und so kann ich den gegen mich ausgesprochenen Vorwurf, ich „würde mich hinter Pseudonymen verstecken“, nur als unlogisch und haltlos bezeichnen.

Es sind zutiefst persönliche Gründe, die mich dazu bewogen haben, unter Pseudonym zu schreiben und zu veröffentlichen. Sie gehen niemanden etwas an, und ich werde an diesem Verfahren weiter festhalten. Wem dies „suspekt“ erscheint oder wer diese Praktik so missverstehen will, dass ich „Angriffe aus dem Hinterhalt“ beabsichtige, der ist entweder ein billiger Voyeur oder ein paranoider Verschwörungstheoretiker.

Nun zu dem inkriminierten Beitrag zum Walter Ernsting-Gedenkband ...

Ich lege Wert darauf, festzuhalten, dass ich von Joe Kutzner, dem Redakteur des TCE, ausdrücklich zur Mitarbeit an dem Gedächtnisband eingeladen worden bin; ich habe mich ihm in keinster Weise aufgedrängt. JOE kannte mich zu diesem Zeitpunkt bereits gut genug, um genau zu wissen, was er von mir bekommen würde: einen gut recherchierten, aber auch kritischen Beitrag, bestimmt aber kein fades Harmoniegesülze.

Ich habe mich sehr über diesen Auftrag gefreut und mir mit ihm alle nur erdenkliche Mühe gegeben. Und nach wie vor bin ich davon überzeugt, dass es eine anspruchsvolle und ernstzunehmende Arbeit geworden ist.

Walter „Clark Darlton“ Ernsting war nie mein Lieblingsautor (das wird immer Willi Voltz bleiben) inner- und außerhalb von Perry Rhodan. Aber ich habe ihn immer geachtet und respektiert. Da ich ihn nie kennenlernen durfte, mir folglich kein persönlicher Nachruf möglich war, konzentrierte ich mich von vornherein auf seine berufliche Existenz als SF-Schriftsteller.

Dies aber verlangt einen Blickwinkel, der schon aus Gründen der Objektivität anders ausfallen muss, als es aus Sicht eines emotional Betroffenen manchmal wünschenswert sein mag. Doch war es meine ehrliche Absicht, Walter Ernsting weder vorzuführen noch zu verreißen, sondern ihn und sein Werk aus seiner Zeit und seinem Leben heraus zumindest ansatzweise zu erklären.

Inwieweit mir das bei dem knappen Zeitrahmen, der mir zur Verfügung stand, gelungen ist, überlasse ich gern der individuellen Beurteilung jedes Lesers.

Entscheidend aber ist, dass ich mir dabei immer der Pietät des tragischen Anlasses bewusst war: dem Tod von Walter Ernsting. Gerade um zu verhindern, dass die Polemik, die bei mir unverzichtbarer Teil meiner Kreativität ist (Treibstoff und Abfall in einem), sich, und sei es aus Versehen, gegen das Ansehen Walter Ernstings richten könnte, habe ich absichtlich ein Sicherheitskorrektiv gegen solche von mir weder wissentlich beabsichtigte noch gewollte Ausrutscher eingebaut.

Dieses bestand darin, dass ich Joe Kutzner ein Zugriffsrecht auf mein Werk einräumte, wie ich es bisher noch keinem Redakteur, für den ich im PR-Fandom schreibe, gestattet habe. Joe Kutzner hatte die Möglichkeit, nach eigenem Dafürhalten Streichungen, Kürzungen und Veränderungen an dem Originaltext von „Kinder ihrer Zeit“ vorzunehmen, ohne deswegen mit mir Rücksprache halten zu müssen. Dennoch fand das Ergebnis, der erwähnte Artikel, bei dem Joe durchaus Gebrauch von seinem Redaktionsrecht gemacht hatte, meine vollste Zustimmung (auch wenn mir, wie wohl jedem Autor, die ursprüngliche Version, von der Joe ca. achtzig Prozent übernommen hatte, besser gefällt).

Keiner aber, der seine fünf Sinne noch beieinander hat oder nicht total voreingenommen oder böswillig ist, kann ernsthaft glauben, dass ein so besonnener, integrer Darlton-Verehrer wie Joe Kutzner einen Artikel für einen Gedenkband akzeptiert hätte, der „das Andenken Walters in den Schmutz zieht“, wie solche und ähnliche Stimmen (überwiegend aus der VPM-Ecke) behaupten.

Vor diesem Hintergrund versteht man vielleicht besser meine anfängliche Verwunderung und dann meine kalte Wut über solch hirnrissige und falsche Vorhaltungen, gegen die ich mich in schärfster Form verwahre. Ich wollte das Andenken Walter Ernstings nicht beleidigen, und ich bestreite auch entschiedenst, dies getan zu haben. Gleichwohl bin ich aber bereit einzuräumen, dass es eine Gruppe Menschen gibt, die sich von meinem Artikel getroffen fühlen könnte:

Das sind die Angehörigen Walter Ernstings. Bei ihnen allein ist die Nähe zu der Person des von mir behandelten Themas so groß, dass es selbst bei allergrößter Vorsicht zu Irritationen kommen kann.

Walter „Clark Darlton“ Ernsting war ein Mensch mit Stärken und Schwächen aber sicherlich kein Heiliger oder ein unantastbares Fabelwesen: Es wäre unredlich von mir gewesen, in meinem Beitrag nur die Schokoladenseiten seines Lebens hervorzuheben. Doch habe ich nach wie vor nicht das Gefühl, seine Schattenseiten plakativ ausgewalzt oder gar polemisch gegen ihn verwandt zu haben. Ich habe sie benannt und festgestellt, mehr nicht; und wenn ich damit seinen nächsten Anverwandten zu nahe getreten bin, so tut mir das um Ihretwillen und ob des menschlichen Verlustes, den sie erlitten haben, aufrichtig leid. Und ich wäre auch jederzeit willens, mich bei ihnen (und nur bei ihnen!) zu entschuldigen, wenn dies von ihrer Seite verlangt würde.

Ganz bestimmt nicht rechtfertigen werde ich mich aber gegenüber den windigen selbsternannten Gralshütern der Ehre des toten Walter Ernsting, bei denen ich den Eindruck habe, sie gebrauchen die Krokodilstränen ihrer angeblichen Betroffenheit über mich und mein Werk nur als Totschläger, um mit mir Rechnungen zu begleichen, die mit Walter „Clark Darlton“ Ernsting wenig oder gar nichts zu tun haben.

Besonders ein gewisser Herr FRICK hat sich da in einer geifernden Rumpelstilzchen-Suada via Email an den TCE-Chefredakteur gegen mich und meinen Artikel hervorgetan. In ihr werden alle „olle Kamellen“ gegen mich („Pseudonym“ ..., ich hätte „das Andenken Walter Ernstings beschmutzt“ ...) wiedergekäut, und zum Schluss seines, nicht sehr souverän wirkenden, zelotischen Zornesausbruchs werden mein Beitrag und ich selbst von ihm als „widerlich“ denunziert. Dieses Fettnäpfchen-Wort eines schlechten Geschmacks gebe ich ihm hiermit mit Dank zurück: Es steht ihm besser an als mir. Ich persönlich kann mit Fricks befangener „Meinung“ über mich und meine Werke gut leben; es wird niemanden überraschen, wenn ich sage, dass sie mich nicht sonderlich interessiert, denn dazu hat sie zu wenig seriöse Substanz. Doch im Gegensatz zu Herrn Frick ziehe ich keine Unbeteiligten in diese kindische Auseinandersetzung mit hinein. Wenn Frick mit Schaum vor dem Mund verkündet, „wegen meines Beitrags“ den kompletten Gedächtnisband „Ein Freund der Menschheit“ des TCE nicht besprechen zu wollen, so geht er mit dieser Reaktion aus blinder Wut heraus entschieden zu weit. Nicht nur, dass er mit dieser Maßnahme pauschal den TCE ökonomisch trifft; viel schlimmer ist, dass Herr Frick damit auf anmaßendste Weise alle anderen Texte in „Ein Freund der Menschheit“ barbarisch mit dem meinen in einen Topf wirft und damit alle zusammen diskreditiert.

Er entwertet so die gehaltvollen Rezensionen eines Thomas Harbach genauso wie den ehrlichen und erschütternden Darlton-Nachruf eines Kurt Kobler oder das stilvolle Epitaph für Walter Ernsting aus der Perspektive Guckys von Joe Kutzner.

Und das alles nur aufgrund eines einzigen Beitrags, des meinigen nämlich. Das ist eine zweifelhafte Ehre , auf die ich gut verzichten könnte; denn sie erinnert - mit Verlaub gesagt an ... Sippenhaft.

Ich bitte Herrn Frick daher höflich, über diesen unklugen Schnellschuss noch einmal nachzudenken und ihn zu korrigieren. Wohlgemerkt: ich bitte hier nicht für mich oder für „Kinder ihrer Zeit“! Auf gut Deutsch gesagt, ist es mir scheißegal, ob FRICK meinen Artikel lobt, zerpflückt oder überhaupt erwähnt. Seine „Urteile“ haben für mich ohnehin keinen Wert.

Es geht mir aber um die anderen Mitwirkenden an „Ein Freund der Menschheit“ und ihre würdigen Beiträge, deren Qualität ich neidlos anerkenne, und die es einfach nicht verdient haben, unter dieser absurden Fehde zu leiden.

Und es geht mir um einen kleinen, aber feinen Science Fiction-Club, den TCE, der ebenfalls in seiner Masse nichts mit mir zu tun hat (ich bin nicht Mitglied des TCE!!!), und der somit gleichfalls zu Unrecht für mich in Mithaftung genommen wird.

Herr Frick sollte sich über Folgendes klar werden: Wenn er an seiner willkürlichen übertriebenen Entscheidung festhält, setzt er sich unweigerlich dem Verdacht aus, dass es ihm gar nicht um Clark Darlton, seine Ehre, ja nicht einmal um „Kinder ihrer Zeit“ oder mich geht, sondern dass es ihm einfach darum zu tun ist, wahllos Perry Rhodan -Fans zu disziplinieren und auszugrenzen , die er nicht auf seiner (oder seines Brötchengebers?) „Linie“ sieht.

M-(W) Thom jedenfalls wird an „Kinder ihrer Zeit“ festhalten und keinen Satz, keine Zeile und kein Wort daran ändern.

Ich vertraue darauf, dass die intelligenten und klugen Köpfe des Perry Rhodan-Fandoms den Wert dieses Artikels schon noch erkennen werden.


M-(W) Thom, 01. August 2005

 


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Letztes Update am 19.08.2005