SOJUS - und was dann? Mit KLIPPER in ein neues Raumfahrtzeitalter von Joe "the Nighthawk" Kutzner
Im letzten Para-SCIENCE-Artikel
habe ich von neuen russischen Plänen, den Mars betreffend, berichtet. Erinnern wir uns, im Jan. 04 stellte Mr. Bush die neuen Weltraumpläne der USA vor:
Wenn diese Zeitpläne eingehalten werden - erfahrungsgemäß wird das nicht der Fall sein, werden sich sogar Verzögerungen ergeben - werden die USA über mindestens 4 Jahre (2010 - 2014) KEIN Raumfahrzeug besitzen, mit dem sie Menschen ins All befördern können! Was man sich kaum vorstellen kann, aber so ist der aktuelle Stand. Der Austausch der ISS-Crews und deren Versorgung wird dann ausschließlich den Russen (Sojus, Progress) und Europäern (Ariane 5, Jules Verne-Transporter) obliegen. Vor diesem Hintergrund offenbarte der Chef von Rosaviakosmos, Juri Koptew, im Februar die Pläne für das Projekt "Klipper" auf einer Pressekonferenz. Bereits seit der Jahrtausendwende arbeitet der russische Raumfahrtkonzern RKK Energija an einer neuen Raumschiffsbaureihe, die für den Transport von bis zu sechs Personen ausgelegt wird. Das würde eine Verdoppelung der Kapazität der Sojus-Raumschiffe bedeuten, die seit 1967 ihren Dienst im All tun. Koptew behauptete sogar, in etwa fünf Jahren, also 2009/10, würde das neue Raumschiff einsatzreif sein. Damit ergäbe sich ein nahtloser Übergang zu der Lücke, die dann durch den Wegfall der US-Shuttles entstünde. In Fachkreisen schlug diese Meldung wie eine Bombe ein und Insidergerüchten zufolge soll G.W.B. "not amused" gewesen sein, dies zu hören. Schauen wir uns also das neue Raumschiff einmal etwas genauer an, denn es enthält einige sehr überraschende Momente für die Leser unserer Dokumentation "Der verlorene Traum": Die Grafik beweist, dass sich Klipper äußerlich als Synthese aus einem Sojus-Raumschiff und einem Buran-Raumtransporter darstellt. Es wäre sehr tröstlich für all die Menschen, die am Bau des russischen Shuttles beteiligt waren, der dann nur ein einziges Mal ins All flog und der Perestroika zum Opfer fiel, wenn sie sähen, dass ihre Arbeit nicht umsonst war und hier Verwendung fände! Technische Daten: Wie alle Sojus-Raumschiffe wird Klipper aus drei Einheiten
bestehen: Die folgende Grafik zeigt Klipper in die Nutzlaststufe der Trägerrakete eingebettet und nun verspreche ich euch eine weitere Sensation:
Der aktuelle Sojus-FG- noch der im Bau befindliche Sojus-2-Booster
sind als Trägerrakete zu schwach, um eines der neuen Raumschiffe
ins All zu transportieren. Also muss eine neue Trägerrakete her
und auch für die, Onega genannte Baureihe,
gibt es solch konkrete Pläne, dass ein Einsatz für 2007
anvisiert ist. Das ist nun wirklich mutig, denn bekanntlich endeten
alle vier Startversuche der N1 fehl (mehr dazu auf www.mondwettlauf.terranischer-club-eden.com). Die Entwicklungskosten für Onega und Klipper zusammen betragen 9 - 10 Mrd. Rubel (= 300 Mio. €), eine vergleichsweise wirklich überschaubare Summe. Dennoch wird es nicht einfach für RKK Energija werden, das Geld aufzubringen, und so ist man mit dem für Europa attraktiven Vorschlag an die ESA herangetreten, ein System zu bauen, dass auch bemannte Starts vom Raumhafen Kourou ermögliche. Würde sich die Europäische Raumfahrtagentur darauf einlassen, wäre dies ein weiterer Schritt zur Annäherung von Europa und Russland auf dem Weg zu einer gemeinsamen zukünftigen Raumfahrt. Und vielleicht wäre dies auch politisch ein Schritt zur nicht unrealistischen Eingliederung Russlands in die EU. Einer Verwirklichung des Klipper-Onega-Projektes stehen weniger finanzielle als politische Hürden im Weg. Auf beiden Seiten müssen die Verantwortlichen eine entsprechende Umverteilung der Mittel in Richtung der Entwicklung der bemannten Raumfahrt wollen! Bisher ist dieser Wille nicht unbedingt zu erkennen, leider. Im ESA-Rat, vertreten durch Bundesforschungsministerin Bulmahn, hatte 2001 ausgerechnet Deutschland seine Teilnahme an Aurora, dem künftigen (auch bemannten) Raumfahrtprogramm zur Erforschung des Sonnensystems, verweigert. Und in Russland ist die Raumfahrt seit Anfang März durch ein Dekret von Präsident Putin wieder voll in militärischer Hand. Generaloberst Anatoli Perminow wurde zum Chef der neuen Föderalen Raumfahrtagentur (FKA) ernannt. Die bisherige zivile Luft- und Raumfahrtbehörde Rosaviakosmos wurde aufgelöst (!), während die Luftfahrt ab sofort der ebenfalls neu gegründeten Föderalen Agentur für Industrie (FAP) untersteht. Perminow war seit März 2001 Kommandeur der Weltraumstreitkräfte (Kosmitscheskije Wojska - KW) und hat sich bei Putin zunehmend 'verdient' gemacht. Juri Koptjew, der zwölf Jahre lang die Rosaviakosmos-Geschicke geleitet und seinen Vertrag erst im Januar verlängert hatte, ist "auf eigenen Wunsch von dieser ehrenvollen Aufgabe" (blah blah, gefeuert nennt man das) entbunden worden und zu einer Industrieagentur gewechselt. Mit der Ernennung von Perminow zum FKA-Chef sind nun alle russischen Raumfahrt-aktivitäten unter der Kontrolle von Generälen. Nunmehr kontrolliert er alle zivilen nationalen Raumfahrtaktivitäten, die Verträge über kommerzielle Satellitenstarts und auch die Startmannschaften auf den Kosmodromen Baikonur, Plesetzk und Swobodny. Mit Sorgen hört man, dem Präsidenten schwebe ein "Großrussland" als erneut "global agierende Macht" vor. Fazit: Die Jahre der legendären Sojus-Raumschiffe sind sicherlich gezählt. Die Chancen für Klipper stehen gut. Immerhin hat sich Generaloberst Anatoli Perminow, der neue starke Mann an der Spitze der FKA für Klipper ausgesprochen und die Bereitschaft erklärt, gemeinsam mit den USA, Europa und China an bemannten Missionen zum Mond und zum Mars teilzunehmen. Die Entscheidung Pro oder Contra Klipper wird letztendlich im Kreml getroffen. Quellenangabe: |
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