Erscheint im Februar 2012
Die Eckdaten des Buches:
Herr der Meere
- Band 8:
Pierre de Chalon: Der Henker von Maracaibo
1. Ausgabe der überarbeiteten Neuauflage
Originalausgabe: Leihbuch, Balowa Verlag, 1958
Herausgeber: Kurt Kobler
Titelbild: Norbert Schneider
Redaktion: TCE
Durchsicht und Bearbeitung des Textes: Michael Thiesen
Kartenmaterial und Innenillustrationen: Willi Diwo
Scan des Originaltextes: Hans-Peter Kögler
Druck: Schaltungsdienst Lange OHG, Berlin
Umfang: 154 Seiten
Preis: 10 EUR
© Terranischer Club EdeN, Februar 2012
Bezugsmöglichkeit:
Postalisch: Kurt Kobler, Feuerwerkerstr. 44, 46238
Bottrop
Per E-Mail an: tceorder@terranischer-club-eden.com
oder online im TCEShop:
www.terranischer-club-eden.com
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Inhalt:
Reinhard Gonder beschließt das Mittelmeer zu
verlassen und erneut die Karibik anzusteuern.
Schlechtes
Wetter und die in der Meerenge von Gibraltar lauernde
spanische Wachflotte, bringen die scheinbar unbesiegbare
Maria Stuart in höchste Gefahr.
Schon die geringste
Beschädigung könnte
das Linienschiff in die Reichweite der spanischen Geschütze
bringen.
Und in der Karibik wartet ein neuer Feind auf
Gonder und seine Mannschaft. Die unbezwingbare Festung
und der grausame Generalkapitän von Neu-Granada den
man den Henker von Maracaibo nennt.
Reinhard Gonder vertraut
seinem Glück und
der Feuerkraft seines Schiffes. Ein listenreicher Plan
entsteht und der Herr der Meere setzt alles auf
eine Karte um den Henker zum Teufel zu schicken.
Leseprobe:
Die Entfernung von den in breiter und
dicht geschlossener Linie näher-kommenden Spaniern
betrug noch eine knappe halbe Seemeile, als Gonder überraschend
und unglaublich schnell seine günstige Luvposition
dicht unter Land aufgab und den gewaltigen Dreidecker
abfallen ließ.
Er war vor dem Wind auf den anderen Bug gegangen, weshalb
die Brise nun von Backbord achtern in die prall stehenden
Segel einfiel. Commodore Altera hatte so ziemlich mit
jeder Maßnahme gerechnet, nicht aber mit der
rücksichtslosen Aufgabe einer der wichtigsten
Positionen, die es im damaligen Seekrieg überhaupt
gab.
Ein moderner Seemann kann sich wohl kaum noch vorstellen,
wie unend-lich wichtig es war, bei einem Gefecht mit
Segelschiffen den Wind für sich zu haben. »Luv« war
immer das Vornehme, das Elegante und absolut Überlege-ne.
Berühmte Admirale dieser Zeit hätten ihren
rechten Arm dafür gegeben, wenn sie bei einigen
Seeschlachten die absolute Luvseite für sich gehabt
hät-ten.
Das wusste auch Commodore Altera, weshalb er nun Mund
und Augen auf-riss, als der Brandenburger kaltschnäuzig
auf den Vorteil verzichtete und sei-nen fünf schweren
Schiffen einfach die Breitseite zudrehte. Seiner Ansicht
nach hätte das kein vernünftiger Seemann
getan, da das überraschende Manöver zwangsläufig
bewirkte, dass die Batterie-Kanoniere der MARIA STUART
die spanischen Einheiten nun direkt von vorn sahen.
Damit boten die nur die schmalste Silhouette, was für
ein treffsicheres Schießen eben nicht angenehm
sein konnte.
»Ich gäbe hundert Dublonen, wenn ich das
blöde Gesicht des Dago-Befehlshabers sehen könnte«,
sagte Gonder in dem Augenblick zu seinen brüllend
auflachenden Burschen, obwohl die keine Ahnung hatten,
weshalb »Er« dieses überraschende
Manöver befohlen hatte.
Nur der Gascogner stöhnte verzweifelt: »Bei
Gott ... entweder seid Ihr wirklich irrsinnig geworden,
oder Eure bisherigen Erfolge sind Euch so zu Kopf gestiegen,
dass Ihr Euch vor Eurem eigenen Wagemut nicht mehr
retten könnt. Wie könnt Ihr nur dicht vor
den heranrauschenden Dagos halsen und Ihnen damit die
Breitseite zeigen? Wollt Ihr sie etwa aus der Lage
heraus ver-nichtend angreifen? Das ist doch unsinnig!«
»Es beruhigt mich immer, Mann mit dem blauen
Blut, Eure düsteren Ge-danken in der Form von
Worten zu hören. Ihr glaubt gar nicht, wie sicher
mich das macht. Wenn Ihr eines Tages von Bord gehen
solltet, so sorgt mir um Himmels willen dafür,
dass ich einen guten Schwarzseher an Eurer Stelle als
Stellvertreter bekomme.«
Der Schwarzbart lachte dröhnend, und der danebenstehende
Bretone sah aus lauernden Augen zu den spanischen Schiffen
hinüber, die soeben geschlossen eine Kursänderung
einlegten. Da der Dreidecker durch sein Manöver
nun direkt auf die nordafrikanische Küste zuhielt,
hatte sich Altera entschlossen, die Umgehungsaktion
des Brandenburgers zu verhindern. Dadurch musste er
ebenfalls abfallen und kam somit in den Genuss eines
plötzlich günstiger einfallenden Windes,
dessen neuer Einfallwinkel ihn nicht mehr zwang, mit
hart angebrassten Segeln den Weg nach vorn zu erkämpfen.
Indessen Altera bereits zu triumphieren begann, sagte
Gonder mit einem bissigen Grinsen: »Schön,
ihr Burschen, natürlich haben wir soeben einen
Fehler gemacht, wenn man unser Manöver vom Standpunkt
eines normalen Admirals betrachtet. Wir sind aber nicht
so normal, da wir über zwei schöne Kanonen
verfügen, die ich nur dann beide zum Schuss bringen
kann, wenn ich den lausigen Halunken meine Breitseite
zuwende. Du hast kapiert, Bretone?«
Der Riese nickte nur und fragte dann kurz: »Welches
Schiff soll ich neh-men?«
»Das, welches uns am nächsten steht. Es
ist ein Zweidecker mit einer selt-sam geformten Back.
Setz ihm deine Langbombe so sauber in den breiten Bug,
dass er mitsamt seiner Besatzung in die Luft fliegt.
Ich nehme das nächste Schiff in der Linie. Verschwinde!«
Gonder hatte plötzlich jeden Humor verloren, als
er über die wuchtigen Balken der Drehlafette kletterte
und das Eisenrad zur Höhenverstellung durch die
Hände gleiten ließ. Er hatte ein Manöver
eingeleitet, das absolut selbst-mörderisch gewesen
wäre, wenn er nicht seine Hundertpfünder
im Rückhalt gehabt hätte.
Seine Anweisungen kamen in rascher Folge. Vorn auf
dem Vorschiff war der Bretone mit den gleichen Vorbereitungen
beschäftigt. Gonder ließ das Rohr wieder
um die Breite eines Fingers nach unten gleiten, da
die eine Galeone schon näher als auf dreihundert
Meter herangekommen war.
Er wartete bis zur letzten Sekunde, und es sah so aus,
als würde sich auf dem Linienschiff nichts rühren.
In fiebernder Erwartung saßen die Kanoniere der
Batteriegeschütze hinter ihren schweren Stücken,
die sie laut Anweisung noch nicht bedienen durften.
Die kostbare Steuerbord-Breitseite musste für
den äu-ßersten Notfall aufgehoben werden.
Als Gonder von der Lafette sprang und den Stock mit
der glimmenden Lunte erfasste, meinte André kalt: »Viel
Glück, mein Herkules! Wenn Euer Schuss nicht genau
sitzt, hat uns der Dago genau vor seiner Breitseite,
und dann fliegen unsere Masten über Bord. Euer
Manöver war gewagt. Ich wäre nicht vor einer
Dwarslinie abgefallen. Wenn sie Buggeschütze haben,
können sie uns jetzt schon unter Feuer nehmen.«
Gonder lächelte nur, und im nächsten Sekundenbruchteil
berührte die Lun-te das angehäufte Zündpulver
der Pfanne.
Urweltlich aufbrüllend entlud sich das Riesengeschütz.
Zu dem bestenfalls noch zweihundertachtzig Meter entfernten
Spanier orgelte eine Langbombe hinüber, die in
ihrem Kopf einen sorgfältig kontrollierten Zünder
trug.
Ehe der grollende Donner des Abschusses noch verhallt
war, wurde das breit ausladende Vorschiff der Galeone
plötzlich von einer titanischen Gewalt zerrissen.
Da der Mond nun hinter der MARIA STUART stand, war
der Bug des Spaniers hell beleuchtet, weshalb jeder
Mann an Bord des Dreideckers den Einschlag dicht über
der Wasserlinie sehen konnte.
Gonder lachte in hysterischen Lauten, und da flammte
es auch schon im Vorschiff des stolzen Seglers auf.
Eine glühende Feuerlohe stieg bis zur Höhe
der Masten empor. Sie war durchsetzt von unzähligen
Bruchstücken, die ihre düsterschwarze Farbe
noch im Hochwirbeln verloren, da sie sofort Feuer fin-gen.
Der schöne Zweidecker wurde mit dem gesamten Vorschiff
angelüftet und aus dem Wasser gerissen, als hatte
ein Riese von unten gegen den Kiel ge-schlagen.
Der dröhnende Donner der Explosion hallte über
die See, und damit be-gann auch schon das lichterloh
brennende und vollständig entmastete Wrack auf
Tiefe zu gehen. Auch dieses Schiff hatte plötzlich
keinen Bug mehr, wes-halb es sich mit seiner eigenen
Fahrt in den Grund bohrte. Eine Unterteilung der Unterwasserschiffsräume
war noch vollkommen unbekannt, weshalb die eindringenden
Fluten keinen Widerstand in der Form von Zwischenschotts
fanden. Die Galeone war so schnell verschwunden, als
wäre sie niemals da ge-wesen.
Ehe der Donnerschlag noch in der Feme vergrollt war,
brüllte der vordere Hundertpfünder des Bretonen
auf, dessen Ziel nicht viel weiter entfernt stand.
Auch seine Langbombe saß haargenau im breit ausladenden
Rumpf des Seg-lers, der sich Sekundenbruchteile später
in eine aufflammende Hölle verwan-delte.
Das wilde Freudengeheul von siebenhundertfünfzig
ehemaligen Piraten vermochte sogar den tiefen Donner
des explodierenden Schiffes zu übertönen,
was auch Gonder als eine erstaunliche Leistung empfand.
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